Kolumne: Gegenpressing Darts — das ist doch kein Sport

Düsseldorf · Die Frage, was Sport ist und wie er sich von anderen Betätigungen abhebt, gibt es hierzulande, seit die Engländer dieses Freizeitvergnügen auf den Kontinent trugen. Irgendwie laufen die meist schwammigen Definitionen immer auf einen Dreiklang aus körperlicher Anstrengung, einem Regelwerk und den Wettkampfcharakter hinaus.

 Paradiesvogel Peter Wright in Aktion.

Paradiesvogel Peter Wright in Aktion.

Foto: ap

Es gibt viele Grenzfälle. Wer eine Diskussion darüber anfängt, ob Schach Sport ist, bringt die Runde garantiert in Wallung und muss aufpassen, dass er nicht irgendwann einen Springer an den Kopf bekommt. Eine erfreuliche Erkenntnis aus solchen oder ähnlichen, schier end- und meist ergebnislosen Gesprächen: Sport scheint etwas Edles zu sein, sonst gäbe es nicht so viele Tätigkeiten, die die Ausführenden gern als Sport betrachten würden. Oder geht es den Interessenvertretern nur um Fördergelder und Privilegien?

 RP-Sportchef Martin Beils.

RP-Sportchef Martin Beils.

Foto: RP

Was ist eigentlich mit Kettensägen-Wettkämpfen? Und was mit E-Sports, dem unsäglichen Computerspielen bis zum Umfallen? Ist das Sport? Nein. Es kommt ja auch keiner auf die Idee, den Eurovision Song Contest, die Europameisterschaft im Singen, als Sport zu bezeichnen, obwohl die Veranstaltung für die Künstler (und fürs Publikum) anstrengend ist.

Darts ist anstrengend, natürlich. Die Besten trainieren genauso viel wie die Stars in traditionellen Sportarten. Doch ein bisschen etwas mit gesunden Körpern sollte es doch zu tun haben, wenn von Sport die Rede ist. Das Pfeilewerfen ist ein Kneipenspiel, meinetwegen auch Kneipensport zu nennen. Es ist vergleichbar mit dem populären Spielchen, bei dem man mit der Schmalseite eines Hammers Nägel in einen Holzbock kloppt. Das hat ja auch mit körperlicher Anstrengung, Regeln und Wettkampf zu tun.

Die Darts-WM (übrigens eine von zwei, weil sich die so genannten Athleten und ihre Interessenvertreter nach schlechtem Vorbild der Boxer nicht auf einen Verband einigen können) ist eine schrille Show, die für Unterhaltung zwischen den Jahren sorgt. Unförmige, miserabel tätowierte Männer ziehen ihre Schau ab. Im Alexandra Palace (Kenner sagen liebevoll: Ally Pally) verlängern die Engländer ihre berüchtigten Weihnachtsfeiern, ziehen sich alberne Kostüme an, brüllen unflätiges Zeug und kippen Bier aus Plastikbechern in die Rachen. Eine tolle Sportstätte ist das. Der Hinweis darauf, dass "Sport1", also ein Sportsender überträgt, hilft auch nicht bei der Frage, ob Darts Sport ist. Denn auf dem Kanal laufen auch "Playboy's Amateur Girls", "Lesbian Fantasies" und Teleshopping.

Der Deutsche Olympische Sportbund indes hat die Pfeilewerferei vor fünf Jahren aufgenommen und damit geadelt. Nach 20 Jahren Bitten und Betteln der Darter und mit Hinweis auf ein nun mehr als 20 Jahre altes Gutachten des Bundesinstituts für Sportwissenschaften. Die Zahl der organisierten Mitglieder ist seitdem allerdings geschwunden. Von mehr als 10.000 auf nur noch 8500. Soll der DOSB Darts als Sport betrachten. Macht er mit Minigolf und Eisstockschießen ja auch. Und vielleicht bald mit Nägel-in-Holzbock-Kloppen. Ich finde es, na ja, seltsam.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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