Mehrfacher Europameister im Interview "Cheerleader ist Cheerleader, egal ob männlich oder weiblich"

Düsseldorf · Seit kapp sechs Jahren ist Constantin Stalzer Cheerleader. Männlicher Cheerleader. Mittlerweile hat Stalzer mit dem Sport, der in den USA seinen Ursprung hat, seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und 2012 mit Kollege Jurij Seitenzahl die Firma ICheer gegründet. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Stalzer über das Leben als Cheerleader, Vorurteile und das harte Training.

Europameister Stalzer zeigt seine Hebefiguren
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Europameister Stalzer zeigt seine Hebefiguren

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Dreifacher Europameister in der Kategorie "Partner Stunt" (2011 bis 2013), aktueller Europameister mit dem Team der FTG Allstars Bullets, einer Turn- und Akrobatikgemeinde aus Pfungstadt in der Nähe von Darmstadt: Constantin Stalzer ist mit dem, was er tut, ziemlich erfolgreich. Dabei ist er erst seit sechs Jahren Cheerleader. Mittlerweile hat er sein Hobby zu seinem Beruf gemacht und 2012 die Firma ICheer gegründet. Sein Leben dreht sich nun komplett um Cheerleading. Wir haben mit Stalzer gesprochen.

Wie groß ist Ihr Armumfang?

Stalzer Ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Ich schätze ihn aber auf 42 bis 45 Zentimeter. Ich habe mit 16 mit Kraftsport angefangen, und mit viel Disziplin, der richtigen Ernährung und dem richtigen Trainingsrhythmus ist schon alles an seinem rechten Platz. Bizeps ist natürlich das, was man am ehesten sieht und was die Laien begeistert. Es hilft in puncto Kraft, aber Muskelbereiche wie Beine und Schultern haben in meinem Sport oberste Priorität. Und: Muskeln und Kraft helfen wenig, wenn man nicht weiß, sie passend und schnell einzusetzen.

Wie genau nennt man männliche Cheerleader eigentlich?

Stalzer Cheerleader ist Cheerleader, egal ob weiblich oder männlich. Der Unterschied für den Laien liegt bei Wettkampf-Cheerleader und Dance-PomPom-Cheerleader. Das sind die Mädchen, die Sportteams anfeuern oder in der Halbzeit die Zuschauer unterhalten. Also diejenigen, die alle Klitschees eher bedienen. Wir sind in der Leistungsklasse zuhause. Hinsichtlich der Elemente bin ich eine Base und meine Partnerin ein Flyer. Da es jedoch auch komplette Teams bestehend aus nur Mädels gibt, gibt es natürlich auch weibliche Bases.

Was genau bedeutet Base und Flyer?

Stalzer Flyer nennt man die Mädchen, die oben auf den Pyramiden stehen und die in die Luft geworfen werden. Und die Bases müssen diese Mädchen halten oder hochwerfen.

Wie sieht eine normale Trainingseinheit als Cheerleader aus?

Stalzer Da ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, lebe ich jeden Tag 24 Stunden Cheerleading, sieben Tage die Woche. Ich lebe meine Leidenschaft in allen Bereichen. Ich selbst trainiere drei- bis viermal die Woche in der Einzelkategorie "Partner Stunt" und gehe zudem drei- bis viermal ins Fitnessstudio. Bereits mit 13 habe ich damit angefangen, das hilft mir natürlich jetzt. An einem normalen Tag trainiere ich zwei bis zweieinhalb Stunden im Gym, esse dann zwei Bananen und mache anschließend zwei Stunden Fitness.

Als männlicher Cheerleader müssen Sie sich bestimmt oft rechtfertigen...

Stalzer Jeder Cheerleader, egal ob männlich oder weiblich, muss seine Sportart erst einmal erklären, wenn jemand danach fragt. Wenn ich Schlüsselworte wie Leistungssport, hartes Training, Meisterschaften, Akrobatik, Hebefiguren oder Menschenpyramide benutze, verstehen die meisten das dann ziemlich schnell. Die Vorurteile, männliche Cheerleader seien schwul oder die weiblichen tanzten nur mit ihren PomPoms herum, sind dann eigentlich immer schnell aufgehoben.

Sie kommen viel herum: Europa, Singapur, Kanada. Wie sieht die Arbeit auf diesen Reisen aus?

Stalzer Einer von fünf und mittlerweile der größte Bereich bei ICheer ist das Coaching. Ich trainiere also externe Teams, die mich buchen und Hilfe benötigen. Meistens bin ich dann ein bis zwei Tage bei den Teams vor Ort. Dabei komme ich zum Glück viel rum. Die meiste Zeit bin ich in Deutschland, der Schweiz und den anderen Nachbarstaaten unterwegs. Im August ist in ganz Europa Off-Season, in der Camps, Turniere und Trainingslager stattfinden. Außerdem wurde ich auch schon nach Singapur und Kanada eingeladen.

Was bringen Sie den Teams dann bei?

Stalzer Das kommt auf die Wünsche der Kunden an. Mal arbeiten wir an speziellen Elementen, mal erstellen wir gemeinsam ein Meisterschaftsprogramm oder optimieren es.

Worin bestehen die größten Schwierigkeiten?

Stalzer Schwierig ist prinzipiell alles, da es erst erlernt werden muss. Aber genau das ist es, was viele zum Cheerleading lockt und sie hält. Eigene Erfolge und die etwas andere Sportart.

Haben Sie schon einmal Angst gehabt, Ihre Partnerin bei einer schwierigen Übung fallen zu lassen?

Stalzer Angst sollte man nicht haben, Respekt vor neuen Elementen und unserer Sportart im Allgemeinen aber schon. Cheerleading setzt in allen Bereichen großen Zusammenhalt und Vertrauen voraus. Verletzungen passieren leider schneller als man denkt. Die physische und teilweise auch psychische Belastung ist sehr hoch. Für den Erfolg und die Weiterentwicklung muss man solche Gedanken beiseite schieben und mit Ehrgeiz, Wille und Motivation an neue Übungen herangehen.

Haben Sie ein sportliches Vorbild oder gibt es so etwas beim Cheerleading nicht?

Stalzer Ich habe weniger Vorbilder, sondern eher meine eigenen Ziele. Ich lebe meine Einstellung "Be the best version of yourself" und "be better than yesterday".

Stephan Seeger führte das Gespräch

(seeg)
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