Obama und Castro besuchen Spiel Baseball-Diplomatie soll Flucht aus Kuba stoppen

Havanna · Beide haben ihren Krawatten abgelegt, schwarze Sonnenbrillen, der US-Präsident im blütenweißen Hemd. Jubel brandet auf, als Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro das Estadio Latinoamericano betreten – um gemeinsam ein Baseball-Spiel anzuschauen.

Barack Obama und Raul Castro besuchen Baseballspiel
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Beide haben ihren Krawatten abgelegt, schwarze Sonnenbrillen, der US-Präsident im blütenweißen Hemd. Jubel brandet auf, als Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro das Estadio Latinoamericano betreten — um gemeinsam ein Baseball-Spiel anzuschauen.

In den 70er-Jahren nutzten die USA bei der Überwindung der Eiszeit mit China Tischtennisspiele beider Nationen als diplomatisches Vehikel, mit dem sozialistischen Kuba ist es Baseball, in beiden Ländern ein Nationalsport. Dass am Ende die Tampa Bay Rays aus Florida Kubas Nationalteam 4:1 geschlagen haben, ist Nebensache.

Da ist Obama schon längst wieder weg, aber hinter den Kulissen wird seit Monaten im Zuge des Annäherungsprozesses um die Lösung eines für das Castro-Regime großen Problems gerungen. Hunderte kubanische Sportler sind in den vergangenen Jahrzehnten geflüchtet, besonders bei Veranstaltungen im Ausland kam es zur Absetzung fast kompletter Mannschaften. Neben einem besseren und freien Leben ist ein Motiv: Eine neue Herausforderung, lukrative Verträge in US-Profiligen.

Baseball-Star Yoan Moncada zum Beispiel unterzeichnete bei den Boston Red Sox einen Mehrjahresvertrag mit einem Volumen von 31,5 Millionen US-Dollar, Rekord für einen, der vorher nur Amateurstatus hatte. Kuba hatte wenige Jahre nach Fidel Castros Revolution von 1959 dem am Gewinnstreben ausgerichteten Profisport abgeschworen und ein sehr erfolgreiches Amateursystem etabliert. Das Land hat seither 67 Goldmedaillen bei Olympischen Spielen gewonnen, davon allein 34 im Boxen. Der große Pool an Talenten weckt besonders beim großen kapitalistischen Nachbarn USA Interesse — dass US-Festland liegt nur 90 Meilen entfernt. Und kubanische Sportler zieht es dort hin.

Gerade die Baseballer können "drüben" Millionen verdienen. Daher rechnen Beobachter damit, dass im Verhandlungspaket zur Überwindung der Eiszeit neben einer Lockerung des US-Handelsembargos auch bald eine Lösung erreicht werden könnte, um Fluchten, den Exodus an Talenten zu unterbinden. "Wir reden über eine Normalisierung der Beziehungen, es gibt wahrscheinlich kaum so ein attraktiveres Mittel dafür wie Baseball", meint der langjährige kubanische Diplomat Carlos Alzugaray. Washington und Havanna seien weit bei den Verhandlungen über ein Abkommen, dass es kubanischen Sportlern ermöglichen soll, legal Verträge in der Baseball-Liga MLB zu unterzeichnen, ohne der Heimat für immer den Rücken kehren zu müssen, glaubt Alzugaray.

Bisher gelten sie als Deserteure, verlieren in Kuba ihr gesamtes Eigentum und können auch nicht zu Familienbesuchen zurückkommen. Sie stehen vor der Wahl: Familien und Heimat oder großes Geld und sportlicher Reiz. Ein Signal für ein bevorstehendes Abkommen ist aus Sicht Alzugarays, dass Kubaner, die nicht in den USA dauerhaft leben, nun auch dort Geld verdienen dürfen, etwa bei befristeten Engagements Künstler oder eben Sportler. Bislang untersagte dies das US-Embargo. Obama lockerte die Restriktionen kurz vor seiner Reise nach Kuba.

"Die Idee ist, dass unsere Spieler in die USA gehen können, mit den gleichen Rechten und Konditionen wie Bürger aus irgendeinem anderen Land", betont der Direktor des kubanischen Baseball-Verbandes, Heriberto Suárez. Alzugaray erwartet, dass das Abkommen zwischen der Major League Baseball (MLB) und dem kubanischen Verband abgeschlossen werden könnte. Dieses könnte dank der Überweisungen der Spieler und möglicher Zahlungen der Vereine viel Geld in die Staatskasse spülen.

Jeder geflüchtete Sportler diskreditierte zudem bisher das kubanische Regime. Zugleich würde man offiziell akzeptieren, dass die Spieler woanders eine bessere Zukunft sehen. Und astronomische Summen verdienen können, was der eigenen sozialistischen Logik widerspricht.

(seeg/dpa)
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