Düsseldorf Zweifel an der Terrorabwehr in NRW

Düsseldorf · Innenminister Jäger sieht seine Sicherheitspolitik durch die Festnahme der Düsseldorfer Zelle belegt. Zu Recht?

Derzeit sucht die NRW-Polizei per Haftbefehl nach 21 Verdächtigen mit islamistischem Hintergrund. Das bestätigte gestern ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. "Das sind nicht alles Terrorverdächtige. Einige suchen wir, weil sie terroristische Organisationen offen unterstützt haben", so der Sprecher. Die Festnahmen im Zusammenhang mit der Düsseldorfer Terrorzelle seien in NRW nicht ausgeschrieben gewesen. "Diese Haftbefehle hat der Generalbundesanwalt ausgestellt", so der Sprecher.

Haben die Sicherheitsbehörden in NRW alles im Griff? Am Donnerstag, als die Behörden die Festnahme der verhinderten Terroristen melden konnten, wertete NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) das als Beleg für die gute Arbeit der Behörden. Den Stein ins Rollen gebracht hatten aber nicht behördliche Überwachungserfolge, sondern das schlechte Gewissen jenes Fast-Attentäters, Saleh A., der gegenüber der französischen Polizei ausgepackt hatte. Erst danach wurde der deutsche Sicherheitsapparat aktiv. "Ich weiß nicht, ob es ein Beleg für die Leistungsfähigkeit der deutschen Terror-Abwehr ist, wenn sie auf Maulwürfe in Frankreich angewiesen ist", hielt CDU-Sicherheitsexperte Gregor Golland dem Eigenlob der Landesregierung entgegen.

Zuletzt waren Zweifel an der NRW-Terrorabwehr aufgekommen. Im Zusammenhang mit dem islamistischen Anschlag von drei Jugendlichen auf den Sikh-Tempel in Essen am 16. April räumte Jäger Pannen ein. Bei dem Anschlag wurden drei Männer verletzt, und nur durch einen Zufall kam es nicht zu einem Blutbad mit mehreren Toten.

So warnte die Mutter eines der Verdächtigen wenige Tage vor dem Attentat den Staatsschutz vor ihrem eigenen Sohn. Auch ein Lehrer warnte vor dem Attentat die Sicherheitsbehörden, weil einer der mutmaßlichen Täter auf seinem Handy Explosionsvideos aufgezeichnet hatte, die sich später als Probesprengungen herausstellten. Bekannt waren vor dem Attentat auch ein Würgeangriff auf eine jüdische Mitschülerin und offen islamistische und terrorfreundliche Äußerungen der Beteiligten. Sie standen teilweise unter Beobachtung des Verfassungsschutzes und hatten sogar am Islamisten-Aussteiger-Programm "Wegweiser" der NRW-Landesregierung teilgenommen. Trotzdem konnten die Behörden das Attentat nicht verhindern. Es war der erste islamistisch motivierte Anschlag in NRW, bei dem tatsächlich Menschen zu Schaden kamen. Offenbar hakte es beim Informationsfluss zwischen den Ämtern.

(tor)
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