Zufallskoalition Schwarz-Gelb

Nordrhein-Westfalen, das Stammland der SPD, sei für die Christdemokraten kein leichtes Pflaster, hatte die Kanzlerin noch drei Tage vor der Landtagswahl kundgetan. Nun haben es Christdemokraten und Liberale auch noch geschafft, eine Mehrheit zu gewinnen. Das hat beide so sehr überrascht, dass sie sich schwertun, miteinander ins Geschäft zu kommen. Doch genau das ist es, was die bürgerlichen Wähler von CDU und FDP erwarten - eine Koalition des Aufbruchs, des Augenmaßes und der Mitte. Wenn die beiden Parteien das nicht schaffen, haben sie ihre Regierungsfähigkeit schon verspielt, bevor sie begonnen haben.

Zufallskoalition Schwarz-Gelb
Foto: Ronny Hendrichs

Es ist richtig: Die jüngste Bilanz schwarz-gelber Bündnisse sieht eher durchwachsen aus. Im Bund ist die Kombination 2013 krachend gescheitert - nicht zuletzt an der Arroganz der Union und dem fehlenden Realitätssinn der FDP. In Nordrhein-Westfalen wurde Jürgen Rüttgers 2010 trotz einer passablen Leistung abgewählt, weil er bei den Wählern nicht glaubwürdig war. Nirgends in der Bundesrepublik gibt es derzeit eine schwarz-gelbe Koalition. Und auch das Ergebnis vom Sonntag stellt sich eher als Zufallsprodukt denn als Wunschkonstellation dar.

Politik lebt aber vom Machbaren. Und diese unerwartete Chance müssen Christdemokraten und Liberale ergreifen - auch wenn sie nur eine Stimme Mehrheit haben. Demokratie ist Herrschaft auf Zeit. Wer die Erwartungen der Wähler nicht erfüllt, muss einer neuen Konstellation Platz machen. Und selten ist der Wechsel so klar wie in Nordrhein-Westfalen. Schwarz-Gelb muss nun beweisen, dass es nicht alles anders, aber vieles besser macht als Rot-Grün.

Gleichzeitig können Laschet und seine künftigen Partner in der FDP - Lindner will ja nach Berlin - aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Die Koalitionäre müssen sich auf Augenhöhe begegnen und entschlossen sein, die Defizite des Landes in der Bildung, der Wirtschaft, der inneren Sicherheit und der Infrastruktur gemeinsam anzugehen. Sie müssen sich messbare Ziele setzen und die Bürger in fünf Jahren entscheiden lassen, ob sie diese Ziele auch erreicht haben. Das Land ist den Siegern anvertraut. Das verlangt Verantwortung, aber auch Tatkraft und Zukunftswillen. Das geeignete Personal dafür scharrt schon mit den Hufen.

Es ist nach zwei Fehlversuchen die letzte Chance für Schwarz-Gelb. Vielleicht ist es nicht schlecht, dass CDU und FDP nicht im Hurra-Stil aufeinander zugehen, sondern sich erst beschnuppern. Nach einer Zeit des Abtastens müssen sie aber ernst machen. So haben es die Wähler entschieden.

(kes)
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