Berlin Wie bekam der Attentäter aus Recklinghausen sieben Identitäten?

Berlin · Ein neues Gesetz soll Doppel- und Mehrfacherfassungen von Asylbewerbern mit einem Flüchtlingsausweis verhindern.

Die Bevölkerung ist irritiert, die Politik ist sich sicher: Das Ende dieser Woche vom Bundestag abschließend beratene Ankunftsausweis-Gesetz soll künftig einen Fall wie den des mutmaßlichen Islamisten aus Recklinghausen mit den sieben verschiedenen Identitäten verhindern. "Flüchtlinge werden sich mit dem neuen Datenaustauschgesetz in Deutschland nicht länger mehrere Identitäten zulegen können", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber unserer Redaktion. Mit der Registrierung durch Fingerabdruck und mit Flüchtlingsausweis werde die Identität eindeutig festgehalten. "Die Behörden werden in der Lage sein, untereinander diese Daten auszutauschen, um Doppelregistrierungen zu vermeiden", sagte Tauber

Am Jahrestag der Anschläge auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" war ein mutmaßlicher Islamist beim Angriff auf eine Pariser Polizeistation erschossen worden. Um den richtigen Namen des Toten und seine Aktivitäten bemüht sich in NRW eine 60-köpfige Sonderkommission, seit geklärt ist, dass der Täter in einem Asylbewerberheim in Recklinghausen wohnte. Das ergab ein Abgleich mit dem automatischen Fingerabdruck-Identifizierungssystem des Bundes. Verschiedene Behörden führten ihn unter mindestens sechs weiteren Identitäten. So trat er mal als Marokkaner, mal als Tunesier oder auch als Syrer auf.

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Er nannte sich unter anderem Walid Sahili und Tarek Belgacem - und er verfügte über eine lange Strafakte, wurde als Straffälliger sogar einmal aus Schweden nach Deutschland abgeschoben. In Recklinghausen verletzte er einen anderen Asylbewerber mit einem Messer. In Köln wurde er 2014 auffällig, als er eine Frau begrapschte. Noch im August saß er eine Haftstrafe in Iserlohn, Heinsberg und Bochum ab. Rauschgiftdelikte und Waffenbesitz kamen hinzu. Auch in der Schweiz und in Luxemburg soll er sich aufgehalten haben. Dennoch lief in Recklinghausen sein Asylverfahren, weil "kleinere Straftaten", so das LKA, kein Grund seien, Asyl zu verweigern.

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass viele weitere Asylbewerber mehrfach gemeldet sind. Den registrierenden Behörden sei derzeit nicht ersichtlich, ob die Person zuvor schon andernorts registriert wurde, heißt es im Gesetzentwurf der Koalition. Und so nehmen zwar die Bundespolizei, die Länder-Erstaufnahmeeinrichtungen und das Flüchtlingsbundesamt jeweils Fingerabdrücke, tauschen sich aber mangels gesetzlicher Grundlagen und technischer Möglichkeiten nicht aus - so wie viele weitere Behörden, mit denen Ausländer Kontakt haben. Das soll der neue Flüchtlingsausweis ändern, ohne den künftig keine Behörde mehr den Asylbewerbern Hilfeleistungen bereitstellt und dessen Kerndaten auf Knopfdruck allen Dienststellen zur Verfügung stehen - inklusive wasserdichter Fingerabdruck-Identifizierung.

(may-/qua)
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