Düsseldorf Warum viele Männer gegen die neue Frauenförderung kämpfen

Düsseldorf · Die Verwaltungsgerichte in NRW lehnen die neuen Vorgaben ab. Ministerin Barbara Steffens hält das für einen Irrtum.

Roland Kern (42) wohnt in Düsseldorf und ist Kriminaloberkommissar. Er hält seit über 20 Jahren für die Polizei den Kopf hin und bekommt dafür nicht allzu viel Geld: Besoldungsstufe A10, also gut 3000 Euro brutto im Monat. Um endlich auf A11 hochgestuft zu werden und rund 300 Euro mehr zu verdienen, hat Kern, der in Wirklichkeit anders heißt, sich angestrengt: Fortbildungen besucht, Zusatzaufgaben übernommen und so seine Qualifikation verbessert. Noch in diesem Jahr sollte er befördert werden.

Aber am 1. Juli haben sich die Spielregeln geändert. Um die Präsenz von Frauen in Führungspositionen zu verbessern, hat die rot-grüne Landesregierung über eine Dienstrechtsreform vorgeschrieben, dass Frauen jetzt schon bei "im Wesentlichen gleicher" Qualifikation bevorzugt befördert werden müssen. Bis dahin wurden sie nur bevorzugt, wenn sie mindestens genauso gut wie konkurrierende Männer qualifiziert waren. Also zogen auf der behördeninternen Beförderungsliste am 1. Juli plötzlich mehrere Frauen an Roland Kern vorbei, die schlechter benotet waren als er selbst.

Um seine Beförderung trotzdem zu erhalten, klagte Kern vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Mit Erfolg: Das Gericht stellte fest, dass die nordrhein-westfälische Neuregelung zur Frauenförderung verfassungswidrig ist. Zum einen, weil das Land für eine solche Regelung gar keine Gesetzgebungskompetenz habe. Denn der Bund habe bereits festgelegt, dass Beamte "nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf das Geschlecht" zu ernennen sind. Zum anderen hielt es das Gericht "für fraglich, ob der Gesetzgeber hinreichend berücksichtigt hat, dass das Leistungsprinzip auch dem öffentlichen Interesse an einer Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes dient", wie das Gericht den Beschluss ( Az.: 2 L 2866/16) am 5. September zusammenfasste.

Kern ist einer von gut 50 Landesbeamten, die gerade juristisch gegen das neue Dienstrecht in NRW vorgehen: Sie wollen sich die systematische Diskriminierung von Männern nicht gefallen lassen. Fünf Gerichtsentscheide im Eilverfahren liegen bislang vor - alle zugunsten der Kläger. Bislang bezweifeln alle Richter, dass die bevorzugte Beförderung von Frauen selbst bei schlechterer Qualifikation rechtlich haltbar ist.

Laut NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wurden am 1. Juli allein im Finanzministerium 673 Frauen auf den Beförderungslisten hochgestuft, während 699 Männer auf hintere Plätze zurückgestuft wurden. Trotzdem sagte NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne): "Irrtümlich wird immer wieder behauptet, nunmehr würden schlechter qualifizierte Frauen besser qualifizierten Männern vorgezogen. Aber häufige Wiederholungen machen Aussagen nicht richtiger."

(tor)
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