Wir In Nrw Wähler handeln oft gegen ihre eigenen Interessen

Immer mehr Bürger wählen Parteien, die gar nicht zu ihren Interessen passen. Die Mediennutzung könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen. Das ist eine Gefahr für die Demokratie.

Wähler entscheiden sich immer häufiger für Parteien, die gar nicht ihre Interessen vertreten. Bei der Landtagswahl zum Beispiel war die AfD im Ruhrgebiet besonders stark. Die größte Unterstützung erhielt die Partei laut Infratest Dimap bei Arbeitern, wirtschaftlich Unzufriedenen, Männern zwischen 25 und 59 Jahren und bei Arbeitslosen.

Mal abgesehen davon, dass eine Partei mit antidemokratischen Tendenzen ohnehin nicht im Sinne eines aufgeklärten Wählers sein kann, steht überdies vieles im AfD-Wahlprogramm, was den Interessen dieser Wählergruppe widerspricht: Die AfD will etwa weniger Schüler zum Abitur führen und verschlechtert damit die Aufstiegsperspektiven für gerade diese Wählerklientel.

Ein anderes Beispiel: Zwar wählten nur halb so viele Frauen wie Männer in NRW die AfD. Doch in der Altersgruppe der 25- bis 34-jährigen Frauen kamen die Rechtskonservativen auf eine ähnlich hohe Zustimmung wie bei den Männern. Eine rationale Entscheidung ist das nicht: Die AfD will laut Wahlprogramm zum Beispiel wissenschaftliche Untersuchungen zur wirtschaftlichen und politischen Ungleichheit zwischen den Geschlechtern abschaffen. Sie propagiert das traditionelle Familienbild und unterscheidet Alleinerziehende danach, "ob diese Lebenssituation schicksalhaft, durch Selbstverschulden oder aufgrund eigener Entscheidungen zustande gekommen ist".

Dafür, dass viele Bürger gegen ihre Interessen wählen, gibt es verschiedene Erklärungen. Eine besagt, dass die Wut so groß ist, dass sie alles andere überlagert. Der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Schweiger sieht eine weitere Ursache: Viele Wähler unterlägen einem Irrtum, seien unzureichend informiert. Dabei spiele die Mediennutzung eine entscheidende Rolle. Denn der Anteil jener, die sich nur noch im Internet informieren, wächst. Oft ist aber nicht leicht zu erkennen, ob ein Blog oder ein Newsportal auf einer seriösen Quelle beruht. Viele Angebote bemühen sich kaum um Ausgewogenheit. Die Folge: Wer nicht mag, muss sich mit anderen Meinungen nicht mehr auseinandersetzen. Die Suchmaschinen im Netz verstärken diesen Trend, indem sie jedem Nutzer ein Angebot nach dessen früheren Präferenzen zusammenstellen. Zudem beobachten Experten seit ungefähr zehn Jahren, dass vor allem jüngere Menschen nur noch punktuell Nachrichten lesen. Das Verständnis für Zusammenhänge geht dadurch verloren.

In alldem liegt eine Gefahr für die Demokratie.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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