Düsseldorf Volkshochschulen fehlen Deutschlehrer

Düsseldorf · Die Integration Zehntausender Flüchtlinge ist durch einen akuten Lehrermangel bedroht. Die VHS klagen über zu wenig Geld.

Häufig war von Politikern im Zuge des Zustroms von Flüchtlingen der Satz zu hören, Sprachkenntnisse seien der Schlüssel zur Integration. Die Volkshochschulen (VHS) aber beklagen, dass solchen Worten lange Zeit keine Taten folgten. Erst seit einigen Monaten steht die bessere finanzielle Förderung der VHS auf der Agenda der Landesregierung. Den Volkshochschulen, die einen Großteil des Deutschunterrichts für Flüchtlinge schultern, fehlt es neben Geld besonders an entsprechend qualifizierten Deutschlehrern. "Wir haben einen ganz klaren Mangel. Es herrscht eine Diskrepanz zwischen Anforderung und Anspruch", sagt Ulrike Kilp, Verbandsdirektorin der NRW-Volkshochschulen.

Die Gründe für den Lehrermangel sind zum Teil der schieren Anzahl an Flüchtlingen geschuldet, die in die Deutschkurse drängen, zum anderen aber auch hausgemacht. Seit 2015 haben die Volkshochschulen laut Kilp ihr Angebot ausgebaut, im Deutschbereich sogar um rund 50 Prozent. Mehr Geld gab es allerdings nicht. "Seit 30 Jahren wurden unsere Mittel nicht erhöht, sondern um rund 15 Prozent gekürzt", sagt sie.

Ein weiteres Problem entsteht durch unterschiedliche Zuständigkeiten. So werden die Integrationskurse, zu denen auch Deutschkurse gehören, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bezahlt, die Deutschkurse an den Volkshochschulen jedoch vom Land beziehungsweise den Kommunen. Für die Lehrkräfte bedeutet das vor allem deutlich unterschiedliche Bezahlung. "Das Bamf hat kürzlich die Honorare auf 35 Euro pro Stunde erhöht; in den Volkshochschulen werden zwischen 20 und 22 Euro gezahlt. Daher wollen viele Lehrer natürlich lieber in den Kursen des Bamf arbeiten", sagt Ulrike Kilp.

Das Landeskabinett hat nun reagiert und beschlossen, die Mittel für die Volkshochschulen wieder aufzustocken. Zehn Prozent der Kürzungen sollen bis zum kommenden Jahr zurückgenommen werden, heißt es aus dem Ministerium für Schule und Weiterbildung auf Anfrage. Zusätzlich würden 3,2 Millionen Euro für Sprachförderung und fünf Millionen Euro aus dem EU-Sozialfonds bereitgestellt.

Für die Volkshochschulen ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn um ein ausreichendes und vor allem gutes Angebot zu gewährleisten, müssten nach ihrer Ansicht nicht nur die Kürzungen der vergangenen Jahre revidiert, sondern die Mittel vielmehr deutlich aufgestockt werden. "Wir haben weiterhin eine Schieflage. Das Problem liegt an den Rahmenbedingungen. Eine solch wichtige Aufgabe wie den Deutschunterricht für Flüchtlinge kann man nicht auf Honorarbasis organisieren", sagt Ulrike Kilp und fordert mehr Festanstellungen.

Denn Lehrer werden nicht nur an den Volkshochschulen benötigt, sondern auch an Regelschulen. Dort ist der Bedarf an Lehrern für das Fach Deutsch als Zweitsprache wegen der Einschulung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien deutlich gestiegen. Die ausgeschriebenen Schulstellen sind für Deutschlehrer attraktiver als eine Tätigkeit auf Honorarbasis, denn auch sie sind besser bezahlt und zudem meist unbefristet. Die Folge auch hier: Gut ausgebildete Lehrkräfte sind für die Volkshochschulen immer schwerer zu finden. "Wir haben für die Arbeit, die wir leisten, lange keine politische Anerkennung bekommen", sagt die VHS-Verbandsdirektorin. Dabei werde Weiterbildung für die Menschen immer wichtiger. Für rund 68 Prozent aller Bürger in NRW, sagt sie, böten die Volkshochschulen inzwischen Angebote, die sie wahrnehmen könnten; Tendenz steigend. "Man muss uns entsprechend besser ausstatten, sonst können wir dem Anspruch nicht mehr gerecht werden", sagt Ulrike Kilp.

Im Jahr 2015 erteilten Lehrer an Volkshochschulen laut Deutschem Institut für Erwachsenenbildung rund 4,5 Millionen Unterrichtsstunden Deutsch als Fremdsprache - ein Anstieg um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Teilnehmerzahl stieg demnach um 194.000 auf rund 810.000. Auch die Kurse wurden größer. Die Lehreranzahl hat sich aber kaum verändert.

Kritiker werfen der Politik vor, dieses Problem unterschätzt zu haben, sie wirke planlos. Um den Mangel etwas abzudämpfen, wurden kürzlich die Zulassungskriterien für Deutschlehrer gesenkt. Die Hürden, als Lehrer tätig zu werden, sind laut VHS-Direktorin Ulrike Kilp nun nicht mehr so hoch. Wirklich entschärft hat das die Situation bislang aber nicht. Zudem wird befürchtet, dass mit einer Absenkung der Einstellungshürden, die vor allem die Qualifikation der Bewerber betrifft, gleichzeitig auch ein Verlust an kompetenter Sprachförderung einhergehen könnte. Um den Mangel zu beseitigen, werden inzwischen auch Lehrer in diesem Bereich gezielt an den VHS und Hochschulen ausgebildet. Doch auch diese Maßnahme kann den akuten Bedarf nicht decken, denn bis die ersten dieser neu ausgebildeten Lehrer mit ihrem Unterricht starten können, werden noch Monate, wenn nicht Jahre vergehen.

Was also tun mit Tausenden von Flüchtlingen, die gerne Deutsch lernen möchten, es aber mangels Lehrkräften nicht können? Der grundsätzliche Mangel wird nicht von heute auf morgen behoben werden können. Wenn es nach den Volkshochschulen geht, können die Behörden aber dafür sorgen, dass Lehrer angemessen bezahlt werden und die bestmögliche Ausstattung für ihren Unterricht zur Verfügung gestellt bekommen. Nötig sei daher eine Aufstockung der Mittel für die Volkshochschulen und weitere Träger, die solche Kurse anbieten, und zwar über die Rücknahme von Kürzungen hinaus.

Die Investition in den Spracherwerb der Flüchtlinge dürfte sich langfristig lohnen, denn unrecht haben die, die Sprache als Schlüssel zur Integration sehen, keinesfalls. Dabei spielt aber auch der Faktor Geschwindigkeit eine gewichtige Rolle.

(maxk)
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