Viele sind berufen, wenige sind auserwählt

Wohl dem, der sein Leben am Reißbrett geplant hat. Der junge Mensch aber schlägt Volten, er geht Umwege, verläuft sich. Neben der Karriereplanung steht in der Schulzeit auch die Pubertät auf dem Stundenplan. Wer Abiturienten rät, sie hätten auf das Medizinstudium hinarbeiten müssen, der übersieht, dass viele von ihnen nicht frühzeitig um ihre Begabungen wissen. Warum sollte Spätberufenen der Weg ins Studium also verwehrt bleiben, wenn sie sich fachlich eignen? Dass das Bundesverfassungsgericht auch andere Kompetenzen verlangt als eine gute Abiturnote, ist richtig: Ein guter Abiturient muss kein guter Arzt werden. Mediziner brauchen Empathie, und die fließt nicht mit in den Abischnitt ein.

Viele sind berufen, wenige sind auserwählt
Foto: Ekkehart Malz

Die Reform der Studienplatzvergabe ist überfällig, der Gesetzgeber hätte längst aktiv werden können. Jetzt hat er zwei Jahre lang Zeit, einen großen Wurf zu planen. Er wird vor allem eine Antwort auf die Frage finden müssen, wieso auf dem Land so viele Ärzte fehlen, obwohl mehr als 40.000 junge Menschen Mediziner werden möchten. Im Evangelium nach Matthäus heißt es: "Denn viele sind berufen, wenige sind auserwählt." Das wird so bleiben, aber es wird endlich gerechter dabei zugehen.

(her)
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