Viele Senioren nehmen falsche Medikamente

Berlin Bei der Einnahme von Arzneimitteln haben ältere Menschen häufiger unerwünschte Nebenwirkungen als jüngere. Nach einer Erhebung der Techniker-Krankenkasse (TK) nimmt jeder Sechste über 65-Jährige mindestens ein Medikament, das gefährliche Nebenwirkungen hervorrufen kann.

Dabei sind Senioren die wichtigste Abnehmer-Gruppe im Arzneimittelmarkt: Nach Angaben der Techniker-Kasse entfallen zwei Drittel aller verschriebenen Arzneimittel auf die Altersgruppe der über 60-Jährigen. Der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen schätzt, dass in Deutschland jährlich rund 80 000 Patienten wegen Nebenwirkungen ins Krankenhaus müssen.

"Besonders Senioren sind anfällig für Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten", sagt Martina Köthemann, Apothekerin und Arzneimittelexpertin bei der TK. Ihre Organe arbeiteten nicht mehr so schnell, Wirkstoffe könnten nicht mehr so gut aufgenommen beziehungsweise abgebaut werden. "Mögliche Folgen sind zum Beispiel Sturzgefahr, Nierenschäden oder Magenblutungen", sagt die Expertin.

Bei den Arzneien handelt es sich um 83 Wirkstoffe, die auf der "Priscus-Liste" zusammengefasst sind. Darunter sind Mittel gegen Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Depressionen sowie Schmerzmittel. Die Liste wurde von Pharmakologen mit Hilfe des Bundesforschungsministeriums erstellt. Die Techniker-Kasse hat die Medikamente, die ihre älteren Versicherten nehmen, mit der Liste verglichen und ist zum Ergebnis gekommen, dass bei jedem Sechsten, der Arzneien nimmt, Medikamente aus der Liste darunter sind.

"Die Priscus-Liste ist keine schwarze Liste", betont der Chef der AOK Hamburg/Rheinland, Wilfried Jacobs. Sie sei aber für Ärzte sehr nützlich, ihre Verordnungen sorgfältiger abzuwägen. Beispiel: Auf der Liste finden sich Schlaf- und Entspannungsmittel. Senioren, die sie einnehmen, laufen erhöhte Gefahr zu stürzen. Denn die Schlaftabletten wirken oft noch am nächsten Morgen.

Viele Krankenkassen wie die Techniker und die Barmer/GEK bieten ihren Versicherten auf Wunsch eine Übersicht über die Arzneien, die verordnet wurden. Der Chef der Techniker-Kasse, Norbert Klusen, erklärt: "Diese Übersicht listet alle verordneten Medikamente der letzten zwei Jahre auf. Gerade ältere Patienten sind bei mehreren Ärzten gleichzeitig in Behandlung, und der eine Arzt weiß oft nicht, was der andere verschreibt." Klusen rät den Versicherten, zu jedem Arztbesuch eine Liste aller Medikamente mitzubringen, die sie gerade einnehmen. Dazu gehörten auch nicht verschreibungspflichtige Präparate wie Calcium und Magnesium.

(RP)
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