Jerusalem Versöhnungsversuch unter Palästinensern

Jerusalem · Fatah und Hamas streben gemeinsame Grenzkontrollen und ein Ende der Sanktionen an.

Die erste Verhandlungsrunde im Versöhnungsprozess zwischen den palästinensischen Parteien Fatah und Hamas ist überstanden. Gestern unterzeichneten die Delegierten in Kairo ein Abkommen zur Beendigung ihres seit zehn Jahren andauernden Konflikts.

Die zweitägigen Gespräche unter Ausschluss der Öffentlichkeit konzentrierten sich auf neue Sicherheitsregelungen an den Grenzübergängen und Verwaltungsangelegenheiten. 3000 Fatah-nahe Sicherheitsbeamte, darunter Mitglieder der Präsidentschaftsgarde, die bis vor zehn Jahren für den Grenzverkehr zuständig war, sollen wiederbewaffnet und zusammen mit Hamas-Anhängern stationiert werden. Außerdem ist eine Aufhebung der jüngsten Sanktionen geplant, die Palästinenserpräsident Mahmud Abbas über den Gazastreifen verhängte. Die Entwaffnung der Kassam-Brigaden, dem militärischen Flügel der Hamas, die als zentrales Hindernis für ein Gelingen der Verhandlungen gilt, blieb vorerst offen.

Es ist nicht der erste Versuch, die palästinensische Spaltung zwischen Fatah und Hamas, zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen, zu überwinden, doch so nah sind sich die Konfliktparteien in den letzten zehn Jahren noch nie gewesen. Die ägyptische Regierung hat im Vorfeld der Verhandlungen massiven Druck auf beide Parteien ausgeübt, vor allem die Hamas ist auf den guten Willen Kairos angewiesen. Solange Israel die Blockade über den Gazastreifen beibehält, ist der Grenzübergang in Rafah in Richtung Ägypten die einzige Verbindung zum Rest der Welt. Mit den Sanktionen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verschlimmerte sich die humanitäre Lage für die Menschen im Gazastreifen über die vergangenen Monate zusätzlich. Die Versorgungslage ist katastrophal. Die Hamas gibt sich jüngst moderater, sie signalisiert die Bereitschaft zu einer Lösung mit Israel und spricht nicht mehr nur von einem Vernichtungskrieg. Weltweit sind die Islamisten auf dem Rückzug, das bekommt auch die Führung im Gazastreifen zu spüren. Bereits im September löste die Hamas den Verwaltungsrat auf, um damit der Palästinensischen Autonomiebehörde die Rückkehr nach Gaza zu ermöglichen. Von den Waffen will sie indes nicht ablassen. Dass die Kämpfer, die vor zehn Jahren das Gewehr auf die Sicherheitsbeamten der Fatah richteten, künftig Seite an Seite mit ihren früheren Feinden Dienst tun sollen, ist ein riskantes Unternehmen. Alte Feindschaften könnten aufbrechen - und rasch erneut eskalieren.

(RP)
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