Berlin Verfassungsschutz: "Wir müssen mit Anschlägen rechnen"

Berlin · Der islamistische Terror ist laut Verfassungsschutzbericht die größte Herausforderung. Doch auch von anderen Seiten droht Gefahr.

Hans-Georg Maaßen wäre gerne Geschäftsmann, dann hätte er gut lachen. "Es boomt in allen Geschäftsfeldern", hat er festgestellt. Maaßen aber ist kein Geschäftsmann, sondern Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, deswegen ist dieser Boom ein Problem. Weniger für ihn persönlich als für die gesamte Gesellschaft. Der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016, den Maaßen gestern gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin vorgestellt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass "Deutschland in einer schwierigen sicherheitspolitischen Lage" (de Maizière) steckt. Die Gefahren von links, rechts, vonseiten des Islamismus und aus dem Internet haben sich allesamt verstärkt.

Der islamistische Terror ist laut Maaßen aber noch immer die "größte Herausforderung und das größte Risiko für die Sicherheit". Es gibt mit 680 Gefährdern so viele Islamisten im Land wie noch nie, denen der Geheimdienst einen Anschlag zutraut. 24.400 Personen stuft der Verfassungsschutz als potenzielle Islamisten ein - weniger als im Vorjahr. Dies sei aber kein Grund zur Entwarnung, sondern das Gegenteil, heißt es in dem Bericht.

Durch eine Kräfteverschiebung in den gewaltorientierten, dschihadistischen Bereich sei eine "neue Qualität der islamistischen Szene erkennbar". Als "besonders besorgniserregend" bezeichnete Maaßen das geringe Alter mancher Täter. Auch einen 13-Jährigen habe man von einem Anschlag abhalten müssen. "Wir müssen mit weiteren Anschlägen rechnen", sagte Maaßen.

Im Bereich des Rechts- und Linksextremismus macht de Maizière die hohe Gewaltbereitschaft Sorgen. Sowohl die Zahl der gewaltbereiten Linksextremisten (8500) als auch die der gewaltbereiten Rechtsextremisten (12.100) ist gestiegen. "Die Hemmschwelle zum Einsatz von Gewalt gegenüber (vermeintlich) Fremden sinkt bundesweit", heißt es im Verfassungsschutzbericht. Dies beziehe sich auch auf die Inkaufnahme von Verletzungen von Personen im Zusammenhang mit Angriffen auf Asylunterkünfte. Zunehmend stünden indes auch kommunale Entscheidungsträger und andere Vertreter des Staates im Fokus von Rechtsextremisten. Erstmals tauchen in dem Bericht auch "Reichsbürger" auf, also Personen, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen und das geltende Recht ablehnen. 12.800 Personen zählt der Verfassungsschutz aktuell zu dieser Gruppe.

"Anhaltend hoch" sei auch die Gefahr durch Cyberattacken und gezielter Desinformation durch ausländische Staaten, sagte Maaßen. Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten seien Russland, China und der Iran. Darüber hinaus spielten auch westliche Staaten eine zunehmende Rolle. Justizminister Heiko Maas (SPD) warnt daher auch vor Hackerangriffen auf die Bundestagswahl. "Wir müssen unsere Cyberabwehr auch darauf ausrichten, die Bundestagswahl als freie Wahl zu schützen", sagte Maas unserer Redaktion.

(jd / hom)
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