Düsseldorf Verbände schlagen Alarm: 40 Kinderstationen droht das Aus

Düsseldorf · Viele deutsche Kinderstationen in den Krankenhäusern kämpfen seit Jahren ums Überleben. In einigen Fällen können sie heute nur noch durch Finanzspritzen des Bundes gerettet werden. Sie erhalten sogenannte Sicherstellungszuschläge. Aber die von der Bundesregierung geplante Reform der Krankenhauslandschaft könnte dazu führen, dass die wichtigen Zuschüsse ausbleiben.

Im Detail geht es um eine Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes. Die Bundesregierung hat dazu einen Entwurf vorgelegt. Demzufolge sollen nicht mehr einzelne medizinische Abteilungen Sicherstellungszuschläge erhalten, sondern nur noch die Kliniken selbst. "Bis zu 40 Kinderstationen droht ohne Hilfen sukzessive das Aus, wenn das Gesetz im kommenden Jahr so verabschiedet würde", schätzt Jochen Scheel, Geschäftsführer der Gesellschaft für Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen (GKinD). Betroffen seien vor allem Regionen in Ostbayern, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

Seine Befürchtung: Durch den Wegfall der Zuschüsse für eine Abteilung könnten die Klinik-Geschäftsführer viele kleine, aber für die Versorgung dringend notwendige Kinderstationen aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen schließen. Ertan Mayatepek, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), geht davon aus, "dass eine flächendeckende Versorgung schon bald nicht mehr selbstverständlich sein wird". Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht den Gesetzentwurf kritisch: "Es muss zwingend möglich sein, Sicherstellungszuschläge auch für einzelne Fachabteilungen geltend zu machen, wenn diese nicht kostendeckend betrieben werden können", sagt ein Sprecher.

Kinderstationen haben oft das Problem, dass sie im Vergleich zur Erwachsenenmedizin weniger Patienten haben, gleichzeitig aber hohe Kosten ausgleichen müssen. Da knapp 80 Prozent der Behandlungen auf eine Akutversorgung entfallen, muss eine einsatzbereite Ausstattung auch bei geringen Patientenzahlen jederzeit zur Verfügung stehen.

Grund für die Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes ist das Argument des Bundesgesundheitsministeriums, ein Klinik-Geschäftsführer könne theoretisch derzeit jede Abteilung schlechtrechnen, um dafür Zuschläge aus Versichertenbeiträgen zu erhalten. Durch die Änderungen im Gesetzentwurf blieben die Sicherstellungszuschläge auf "echte Notsituationen begrenzt", sagt ein Ministeriumssprecher. Die Kinderverbände widersprechen: "Wir haben immer wieder erläutert, dass dieses Argument nicht zieht, weil die Kosten für eine Mindestausstattung für eine Kinderabteilung unabhängig von der Kostenrechnung eines Krankenhauses ermittelt werden können", sagt Scheel. Mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand von 30 Millionen Euro könnte nach Einschätzung der GKinD die flächendeckende Versorgung von Kindern gesichert werden. DGKJ-Chef Mayatepek fordert diesbezüglich einen "Zuschlag Kindergesundheit".

NRW ist von dem Negativ-Trend weitgehend verschont. Grund dafür sind die wenigen bevölkerungsarmen Regionen und eine im Ländervergleich gut ausgeglichene Verteilung von Kliniken mit Kinderstationen. Einzig das Einzugsgebiet der Kinderklinik Siegen ist überdurchschnittlich groß.

(RP)
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