Wirtschaft in den USA "Trumponomics" - vom Reagan in die Traufe

Düsseldorf · Was Trumps Wirtschaftspolitik mit den "Reaganomics" seines Vorgängers Reagan zu tun hat - und wie Ökonomen seine Pläne bewerten.

Ronald Reagan mit seiner Frau Nancy.

Ronald Reagan mit seiner Frau Nancy.

Foto: dpa, hm_gr

Donald Trump hat für die US-Wirtschaft viel vor: "Make America great again" heißt sein Schlachtruf, den er von seinem republikanischen Vorgänger Ronald Reagan übernahm, dem 40. US-Präsidenten zwischen 1981 und 1989. Dessen umstrittene Wirtschaftspolitik - eine Mischung aus Deregulierung, Privatisierung, massiven Steuersenkungen und starken Ausgabensteigerungen vor allem für Rüstung - ging als "Reaganomics" in die US-Geschichte ein. Reagans Versprechungen waren groß, was die Staatsschulden enorm in die Höhe trieb. Trumps Verheißungen sind heute noch größer. Was wird aus "Trumponomics"? Wer setzt sie um? Wo gibt es Unterschiede bei Donald und Ronald?

Steuerpolitik Trump hat erhebliche Steuererleichterungen versprochen. Der Spitzensatz bei der Einkommensteuer soll von 39,6 auf 33 Prozent gesenkt werden. Die Körperschaftsteuer, die Firmen auf Gewinne zahlen müssen, von 35 auf 15 Prozent. Auch die Erbschaftsteuer will Trump abschaffen. Die beiden letzten Maßnahmen helfen Menschen wie Trump, aber nicht der umworbenen "middle class".

Prognosen gehen davon aus, dass Trump die Staatsausgaben im Gegenzug um 20 Prozent kürzen müsste, um das ohnehin schon enorme Haushaltsdefizit nicht noch weiter zu vergrößern. Das dürfte jedoch Wachstum und Arbeitsplätze kosten. Die Rating-Agentur Moody's erwartet, dass die erforderlichen Kürzungen 3,5 Millionen Jobs in den USA kosten könnten. Doch könnte Trump auch schlicht das Defizit weiter erhöhen - oder die Notenpresse anwerfen. In einem Interview im Sommer hatte er sich als Anhänger des sogenannten "Helikoptergeldes" geoutet: Auf die Frage, wie er Steuersenkungen und Mehrausgaben finanzieren wolle, antwortete Trump: "Sie werden Geld drucken." Das "Helikoptergeld" ist ein Konzept, bei dem die Notenbank Geld verschenkt - es sinnbildlich vom Himmel regnen lässt - um die Inflation anzuheizen.

Eine solche Notoperation käme jedoch heute zur Unzeit: Die US-Konjunktur läuft rund. Amerika braucht derzeit kein Konjunkturprogramm. Das war beim Amtsantritt Reagans 1981 etwas anders. Reagan senkte damals die Steuern vor allem für Besserverdienende und Unternehmen - in der Hoffnung auf mehr Investitionen, mehr Wachstum und in der Folge auf mehr Steuereinnahmen, die Steuersenkungen finanzieren sollte.

Das Konzept ging zurück auf den US-Ökonomen Arthur Laffer. Nach dessen Theorie können niedrigere Steuern zu steigenden Steuereinnahmen führen, weil sie den Anreiz für Investitionen erhöhen. In der Praxis hat sich diese Theorie in den 1980-er Jahren unter Reagan nicht bewährt. Die "Reaganomics" gelten als gescheitert. Sie hinterließen verheerende Spuren im Staatshaushalt. Insgesamt stieg die Schuldenlast des Bundes von 914 Milliarden US-Dollar im Jahr 1980 auf 2,6 Billionen US-Dollar im Jahr 1988 an.

Im Unterschied zu Reagan zielt Trump allerdings auch auf die untere Mittelschicht: Auch deren Steuerlast will er senken, den Mindestlohn erhöhen. Diese Politik könnte tatsächlich das Wachstum und die Stimmung im Land stabilisieren.

Wie weit Trumps Steuersenkungsorgie geht, hängt auch davon ab, wie stark sein Finanzminister sein wird. Laut US-Medien ist sein Spendensammler Steve Mnuchin (53) Favorit. Mnuchin war früher Banker bei Goldman Sachs und gründete ein Unternehmen, das an der Produktion von Filmen wie "Avatar" und "American Sniper" beteiligt war. "Höhere Ausgaben und sinkende Steuern würden die fiskalische Stabilität bedrohen. Es bleibt zu hoffen, dass das amerikanische System der 'checks and balances' der Politik des neuen Präsidenten Grenzen setzt", sagt die deutsche Wirtschaftsweise Isabel Schnabel.

Geldpolitik Trump fordert, dass die US-Notenbank (Fed) rasch die Zinsen erhöht, damit Sparer wieder mehr für ihr Vermögen bekommen. Die Chefin der Fed, Janet Yellen, will Trump rasch loswerden. Sie habe dem Land viel Leid angetan, behauptete er im Wahlkampf. Yellens Vertrag läuft bis Februar 2018, eine Verlängerung dürfte es nicht geben. "Niemand weiß genau, was ein Präsident Trump bedeutet. Sollte die Verunsicherung der Finanzmärkte wochenlang anhalten, wird die Fed die Zinsen im Dezember nicht anheben", sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt der Bank Nordea.

Handelspolitik Trump ist grundsätzlich skeptisch gegenüber Globalisierung und Freihandel. Das Handelskommen mit Kanada und Mexiko (Nafta) stellt er in Frage, allerdings ist das Abkommen bereits seit 1994 in Kraft, entsprechend schwer dürfte es werden, hier Änderungen zu erreichen. Bei den neuen Abkommen sieht es anders aus: Das Transpazifische Handelsabkommen (TTP) ist von Barack Obama fertig ausgehandelt, aber noch nicht in Kraft. Die Verhandlungen über das Abkommen mit den Europäern (TTIP) laufen ohnehin noch. Hier wird Trump am meisten erreichen können. "TTIP wird zumindest für vier Jahre erst einmal auf Eis gelegt. Das sind vier verlorene Jahre. Die werden Europa mehr schmerzen als die USA", sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. "Würden Trumps Vorstellungen durchgesetzt, dann wäre das ein herber Rückschlag für den Freihandel", sagt auch Christoph Schmidt, Chef der Wirtschaftsweisen. "Es ist zu hoffen, dass das politische System der USA stabil genug ist, ein derart unausgegorenes wirtschaftspolitisches Programm zu verhindern."

Energie- und Klimapolitik Von erneuerbaren Energien hält Trump gar nichts, stattdessen will er der alten Kohle-Industrie eine Renaissance verschaffen. Relativ leicht dürften die verschärften Emissionsvorschriften zu kassieren sein, die Barack Obama erlassen hatte und die Trump wieder zurücknehmen will. Doch Trump will auch das Pariser Klimaabkommen aufkündigen. "Ich werde diese Abmachungen neu verhandeln, mindestens", hatte er gesagt. Aus seiner Sicht logisch: Den Klimawandel hält er für eine Erfindung der Chinesen.

Kartell- und Rechtspolitik Mit Sorge sieht man den Ausgang der Wahl in den Zentralen mancher Dax-Konzerne. Die Deutsche Bank verhandelt gerade mit der US-Justiz über eine 14-Milliarden-Strafe wegen zweifelhafter Hypothekengeschäften. Sie hofft, die Einigung noch vor dem Amtsantritt von Trump zu erreichen. Bayer muss bei den Kartellbehörden die Übernahme des US-Konzerns Monsanto durchsetzen. Und die unterstehen dem Justizminister, den Trump nun neu ernennen wird. Als Favorit für den Posten gilt der ehemalige Bürgermeister von New York, Rudy Giuliani, der als "scharfer Hund" verschrieen ist. Law-and-Order-Politiker und schreckte im Wahlkampf auch vor Verleumdungen von Hillary Clinton nicht zurück. Kein einfacher Gegner auch für Volkswagen. Der Autobauer war am Mittwoch der größte Verlierer im Dax, er ist bei Aushandlung der Strafen und Nachrüstung seiner Diesel auf die US-Justiz angewiesen.

(mar)
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