Bundeswehr-Affäre "Nulllinie" für Exponate der Wehrmacht in der Truppe

Berlin · In der Affäre um Wehrmachtsandenken in Bundeswehrkasernen will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen jede Führungsebene untersuchen lassen. Sie kritisiert auch die Namensgebung der Kasernen: Die sind mitunter nach Weltkriegs-Jagdfliegern benannt.

 Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Parlamentarischen Abend des Reservistenverbandes in Berlin.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Parlamentarischen Abend des Reservistenverbandes in Berlin.

Foto: dpa, gam gfh

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die laufende Bestandsaufnahme aller Bundeswehr-Liegenschaften als "Brücke" definiert, über die alle Soldaten auf den Boden des Traditionserlasses zurückkehren müssen. "Die Aktion ermöglicht es uns, gemeinsam eine "Nulllinie" zu ziehen, ab der keinerlei Wehrmachtsdevotionalien ohne jegliche historische Einordnung mehr ausgestellt sein dürfen", sagte die CDU-Politikerin am Dienstagabend vor dem Reservistenverband in Berlin.

Sie kündigte einen auf zwei Jahre angelegten Prozess an, in dem jede Führungsebene untersucht werde. Bis zum Ende der Wahlperiode soll der Traditionserlass überarbeitet werden. Es gehe nicht um einen radikalen Bruch, sondern um eine bewusste Auswahl aus Geschichte. Von der Leyen kritisierte zudem die inkonsequente Namensgebung von Bundeswehrkasernen. Weltkriegs-Jagdflieger wie Hans-Joachim Marseille oder Helmut Lent gehörten zu einer Zeit, die "für uns nicht vorbildgebend sein" könne.

Linken-Chef Bernd Riexinger forderte von der Leyen zur sofortigen Umbenennung jener Kasernen auf, die sich auf Wehrmachtsgeneräle berufen. "Bis zum 20. Juli darf es in Deutschland keine Kaserne mit solch fragwürdigen Namenspatronen mehr geben", sagte Riexinger unserer Redaktion. Der 20. Juli ist der Jahrestag des gescheiterten Hitler-Attentates.

Die Bundeswehr brauche einen "radikalen Bruch mit der Wehrmachtsvergangenheit" unterstrich Riexinger. "Fotos der Großväter in Wehrmachtsuniform mögen in privaten Fotoalben vor sich hin vergilben, an die Wände von Einrichtungen der Bundeswehr gehören sie angesichts der Millionenopfer der Angriffskriege der Wehrmacht auf keinen Fall", erklärte der Linken-Chef.

Auch von der Leyen ging indirekt auf die Debatte um das in der Helmut-Schmidt-Bundeswehr-Hochschule abgehängte Bild von Schmidt in Wehrmachtsuniform ein. Dieser sei wie die Generäle Heusinger und de Maizière sinnstiftend und damit auch traditionsgebend für die heutige Bundeswehr gewesen — "aber nicht wegen ihrer Zeit in Wehrmachtsuniform!", betonte die Ministerin. Von Schmidt gebe es auch Bilder in Bundeswehruniform und als Verteidigungsminister. Von der Leyen will am Mittwoch im Verteidigungsausschuss eine Bestandsaufnahme der Wehrmachts-Präsenz in den Bundeswehr-Standorten vorlegen.

(may)
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