Kiew Ukraine vor dem Staatsbankrott

Kiew · Jetzt werden die Details der ruinösen Wirtschaftspolitik deutlich. Hilfe ist nötig.

Die Kassiererin in der Wechselstube am Bessarabischen Markt in Kiew zählt bündelweise Dollars. "Noch ist alles ruhig", sagt sie, "aber wir haben uns eingedeckt". Nach dem Machtwechsel verfällt die Landeswährung Griwna. Ein Euro kostet 13 Griwna, vor kurzem stand der Kurs noch bei 11,50. Der Dollar hat sich von acht auf 9,25 Griwna verteuert. Der ukrainische Banken-verband appelliert an die Bürger, nicht in Panik zu verfallen, ihre Sparkonten aufzulösen und Dollar zu kaufen – das würde die Landeswährung noch mehr destabilisieren.

Übergangspräsident Alexander Turtschinow warnt, das Land stehe vor dem Staatsbankrott. "Die Ukraine ist dabei, in den Abgrund zu rutschen, sie befindet sich am Rande der Zahlungsunfähigkeit." Finanzminister Juri Kolobow rief den Westen auf, eine Geberkonferenz einzuberufen. Laut Kolobow braucht die Ukraine Unterstützung in Höhe von 35 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro). Dies sei der Bedarf für das laufende und das kommende Jahr. Die USA und der Internationale Währungsfonds stellten dem Land bereits Hilfe in Aussicht. Auch die EU steht bereit. "Ein Marshallplan für die Ukraine", titelte die liberale russische Wirtschaftszeitung "Vedomosti".

"Die beiden größten Probleme der ukrainischen Wirtschaft sind das Leistungsbilanzdefizit und das Haushaltsloch", sagt der Ökonom Ricardo Giucci von der Beratergruppe Ukraine, die im Auftrag des deutschen Wirtschaftsministeriums seit vielen Jahren die Regierung in Kiew berät. Vor allem Rohstoffe, aber auch Lebensmittel und Maschinen muss die Ukraine teuer importieren. Das Volumen der Importe übersteigt das der Exporte.

Das größte Loch in die Staatsfinanzen reißt die Subventionierung der Verbraucherendpreise für Gas. Bis vor kurzem zahlte die Ukraine für russisches Erdgas noch 410 Dollar pro 1000 Kubikmeter – der höchste Preis in Europa. Im Dezember senkte Moskau den Tarif auf 268 Dollar. Ukrainer bekommen das Gas aber zum Preis von 160 Dollar – den Rest zahlt der Staat.

(hei)
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