Washington Trump: "Nicht alle diese Leute waren Neonazis"

Washington · Es sollte ein kurzer Auftritt im blattgoldglänzenden Foyer seines New Yorker Hochhausturms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruktur, zu beschleunigten Genehmigungsverfahren, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentieren. Dann aber fragen Reporter nach Charlottesville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redet frei von der Leber weg. "Rassismus ist böse", hatte er noch am Montag erklärt, auf Anraten enger Vertrauter, etwa seiner Tochter Ivanka, denen nicht entgangen war, für welche Irritationen die laue Stellungnahme sorgte, die er unmittelbar nach den Ausschreitungen abgegeben hatte. Das staatsmännische Statement, lässt er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die in die 50.000-Einwohner-Stadt in Virginia gekommen waren, um zu provozieren, auf eine Stufe mit linken Demonstranten, die ihnen die Stirn boten.

"Okay, was ist mit der 'Alt Left', die angegriffen hat?", fragt er ungeduldig zurück, als ihn ein Journalist mit den Worten John McCains konfrontiert, des Senators, der die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung ohne Abstriche für die Gewalt verantwortlich macht. "Moment mal, was ist mit der 'Alt Left', die auf die 'Alt Right', wie Sie sie nennen, zugestürmt ist? Zeigen die so was wie Schuldgefühle? Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie." Beide Seiten, sagt Trump, seien schuld. Kurz darauf verteidigt er die Gruppen, die sich in Charlottesville versammelten, um gegen den Abriss eines Reiterdenkmals des Generals Robert E. Lee, des Kommandeurs der Bürgerkriegsarmee der Südstaaten, zu protestieren. "Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir. Bei Weitem nicht alle diese Leute waren weiße Überlegenheitsfanatiker." Diese Woche, fügt er hinzu, müsse Lee weichen. "Und ich frage mich, ist nächste Woche George Washington dran? Und in der Woche darauf Thomas Jefferson?"

Der Applaus aus der rechtsradikalen Ecke kommt prompt. Kaum hat der Milliardär seinen bizarren Auftritt beendet, schreibt David Duke, ein früherer Anführer des Ku-Klux-Klan, auch schon bei Twitter: "Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroristen zu verurteilen".

Die früheren US-Präsidenten George H.W. und George W. Bush riefen dagegen eindringlich zu Widerstand gegen Hass und Fanatismus aufgerufen. "Amerika muss ethnische Eiferei, Antisemitismus und Hass immer und in jeder Form zurückweisen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Vater und Sohn.

(RP)
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