London Streit um Homo-Ehe spaltet Großbritannien

London · Der ergraute Brillenträger hat zum Gespräch im Pub "Regenbogen und Taube" eine leuchtend pinkfarbene Krawatte angezogen. Bernard Greaves (70) bekennt gerne Farbe, vor allem jetzt, im Finale einer 30 Jahre langen politischen Schlacht, die er zu gewinnen hofft. Es geht um die gleichgeschlechtliche Ehe, die ab 2015 per Gesetz in England anerkannt werden soll.

"Das ist der letzte wichtige Schritt zur kompletten Gleichstellung der Hetero- und Homosexuellen", freut sich der Mann, der früher eine Wahlkampagne der britischen Liberal-Demokraten geleitet hat. Greaves hält es für unfair, dass manche seiner Landsleute Ehen und andere nur "zivilrechtliche Partnerschaften" führen dürfen. "Man kann nicht teilweise gleichberechtigt sein. Entweder man ist es, oder man ist es nicht", erklärt der schwule Menschenrechtler aus Leicester.

Laut neuen Umfragen denken 60 bis 70 Prozent der Briten wie Greaves. Doch es sind die erbitterten Gegner der Homo-Ehe, die seit Wochen in der Diskussion über das umstrittene Vorhaben der liberal-konservativen Koalition den Ton angeben. Gestern endeten im Königreich die öffentlichen Konsultationen zu dem Gesetzesprojekt, das binnen drei Jahren dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Mehr als 100 000 Bürger und Organisationen sind bislang der Einladung des Premiers David Cameron gefolgt und haben der Regierung ihre Meinung mitgeteilt.

Vor allem viele anglikanische Kirchenvertreter sind unzufrieden. Sie befürchten, trotz ihrer Ablehnung der Ehe zwischen gleichen Geschlechtern schon bald "widernatürliche Homo-Trauungen" vor dem Altar erleben zu müssen. Seit 2005 können die britischen Schwulen und Lesben eingetragene Partnerschaften eingehen. Etwa 6000 gleichgeschlechtliche Paare nutzen jedes Jahr diese Regelung, um ihre Liebe auf eine formelle Grundlage mit allen rechtlichen Folgen zu stellen.

Der eheähnliche Lebensbund wurde vom Gesetzgeber wohl deswegen nicht "Ehe" benannt, weil die Parteien in Westminster früher einen Aufstand der konservativen Kritiker befürchtet haben. Jetzt drängt allerdings Cameron auf eine neue Regelung – teils unter Druck seiner liberalen Bündnispartner und teils, weil er seiner Partei ein progressives Image verpassen und die Wählerbasis der Torys verbreitern will.

Ein Problem dabei ist jedoch die einzigartige Stellung der Anglikaner in Großbritannien, deren Oberhaupt Elizabeth II. zugleich auch das Land regiert. Die Bischöfe im Oberhaus des Parlaments entscheiden über die Gesetze mit.

(RP)
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