Berlin SPD zieht mit geschwächtem Gabriel in den Wahlkampf

Berlin · Bei der Vorstandsklausur in Brandenburg wird der Parteichef die Genossen für die Landtagswahlen einnorden. Sein Kurs ist umstritten.

Morgen kehrt die SPD-Führung an einen Ort zurück, den die Vorstandsmitglieder vor einem Jahr übel gelaunt verlassen hatten. Im brandenburgischen Nauen vermiesten ihnen damals Nieselregen und ein pessimistischer Parteichef Sigmar Gabriel (es könne "sehr lange dauern, bis wir wieder den Kanzler stellen") die Stimmung. Nun hält der SPD-Vorstand wieder seine Jahresauftaktklausur in Nauen ab. Und dieses Mal soll beim Treffen auf dem hübschen Landgut alles besser werden, auch wenn die Partei seit damals bei nur 25 Prozent verharrt.

Tatsächlich zeigt sich Gabriel seit der Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub kämpferisch, gibt härtere Linien im Asylrecht vor - ohne jedoch Rücksicht auf die Fraktion zu nehmen. Während die sich vor einer Woche zur Klausur zurückgezogen hatte, brachte er bei einer Dienstreise in Kuba schärfere Gesetze gegen kriminelle Ausländer ins Gespräch. Einigen Genossen hatte es schon missfallen, dass Gabriel beim Fraktionstreffen fehlte. Seine Äußerungen, die über den offiziellen Fraktionskurs hinausgingen, lösten dann zusätzlich Groll aus.

Dabei ist Gabriel seit dem Parteitagsdesaster geschwächt, als er im Dezember nur 74,3 Prozent der Delegiertenstimmen bekam und ihm linke Genossen auch wegen seines umstrittenen Mitte-Kurses die Gefolgschaft verweigerten. Die Vorzeichen für Nauen stehen also weiter auf innerparteilichen Streit. Zumal die Inhalte wesentlicher Beschlussvorlagen wenig Entgegenkommen Gabriels in Richtung seiner Kritiker erahnen lassen. So fordert die SPD in einem Papier zur inneren Sicherheit 12.000 neue Polizisten in Bund und Ländern, härtere Gesetze gegen kriminelle Ausländer und mehr Video-Überwachung als Reaktion auf die Übergriffe in Köln in der Silvesternacht. Und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, ein Getreuer Gabriels, fordert eine Kurskorrektur der Kanzlerin in der Asylpolitik, für die Angela Merkel stets Applaus von links bekam.

Die SPD will aber auch, dass Staat und Wirtschaft bis 2025 jährlich 60 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren. Und sie erhöht in einem anderen Papier den Druck auf die Union, die Reform des Sexualstrafrechts mitzutragen. "Der Widerstand von CDU/CSU dagegen ist mehr als unverständlich und muss überwunden werden", heißt es. Auch brauche es ein Lohngerechtigkeitsgesetz für mehr Ausgleich zwischen Frauen und Männern und ein Rückkehrrecht in vorherige Arbeitszeitmodelle, um Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren.

In Nauen hat es Gabriel nun in der Hand, die SPD für die heiße Wahlkampfphase in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt einzunorden. Denn der SPD droht bei den Wahlen am 13. März vor allem in Mainz ein Debakel, wo ihr die CDU nach 25 Jahren wieder den Rang ablaufen könnte.

(RP)
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