Berlin SPD streitet über Hartz-IV-Reform

Berlin · In der Debatte um die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit kommt die große Koalition nicht zur Ruhe.

Die Chefin des Forums Demokratische Linke 21 (DL 21) in der SPD, Hilde Mattheis, hat in der Hartz-IV-Debatte weitergehende Korrekturen gefordert, die deutlich über das von der Koalition geplante staatliche Jobprogramm für 150.000 Langzeitarbeitslose hinausgehen. "Die aktuelle Debatte um Hartz IV ist gut, denn sie zeigt, dass eine Korrektur der Hartz-Gesetze dringend notwendig ist", sagte Mattheis unserer Redaktion.

Die Vertreterin der Parteilinken widersprach damit dem kommissarischen SPD-Vorsitzenden, Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Dieser hatte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt, es gehe nicht um eine Abschaffung des Hartz-IV-Systems, sondern um die Schaffung eines neuen sozialen Arbeitsmarktes für 150.000 Langzeitarbeitslose. Scholz sagte: "Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die über lange Zeit arbeitslos sind, muss sich deutlich verringern."

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schaltete sich in die Debatte ein: "Arbeit muss sich lohnen. Das ist der entscheidende Grundsatz. Wir haben deshalb in der Koalition das klare Ziel, Vollbeschäftigung zu erreichen und Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen", sagte Spahn unserer Redaktion. Der CDU-Politiker hat dabei insbesondere Familien im Blick, die Hartz IV beziehen: "Genauso wichtig ist es, den Kinderzuschlag, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, klug weiterzuentwickeln", sagte Spahn. So, wie er heute ausgestaltet sei, würden Eltern mit niedrigem Einkommen bestraft, wenn sie mehr arbeiten. "Wenn der Kinderzuschlag bei steigenden Einkommen langsamer abschmilzt, lohnt es sich zu arbeiten. So verringern wir Familienarmut in Deutschland. Wenn die SPD da konkret wird, finden wir sicher schnell Lösungen", sagte Spahn.

Er verwies auch darauf, dass er Vorschläge von Arbeitsminister Hubertus Heil erwarte "für einen ganzheitlichen Ansatz aus Qualifizierung, Vermittlung und Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt".

Die vor allem in der SPD geführte Debatte offenbart, dass die Positionen in der Partei auch noch 15 Jahre nach der Einführung der Hartz-Reformen stark auseinandergehen. Weite Teile der Sozialdemokratie sehen in dieser größten Sozialreform der Nachkriegsgeschichte unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder weiterhin einen wesentlichen Grund für das schlechte Abschneiden der SPD bei Wahlen. Die Pragmatiker um Olaf Scholz dagegen erkennen an, dass ohne Schröders einschneidende Reformen das zweite deutsche Beschäftigungswunder niemals möglich geworden wäre.

Auch viele Ökonomen und Sozialverbände befürworten zusätzliche Anstrengungen zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Denn trotz des nunmehr seit Jahren währenden Konjunkturaufschwungs sinkt die Zahl derer kaum, die über Jahre arbeitslos sind. Von den aktuell rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland ohne Arbeit sind rund 845.000 Langzeitarbeitslose, das heißt seit mindestens einem Jahr ohne Job.

(RP)
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