Berlin SPD-Ministerium räumt Fehler bei Familiennachzug ein

Berlin · Im Streit um den Familiennachzug für minderjährige Flüchtlinge ist der Bundesregierung kein Durchbruch gelungen. Bis zum Abend konnten sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) nicht einigen. Heute sollen die Gespräche fortgesetzt werden. Das von Manuela Schwesig (SPD) geführte Familienministerium räumte Fehler in der Ressortabstimmung des Asylpakets II ein. Man habe die neuen Regeln, die das Kabinett erst am Mittwoch verabschiedet hatte, falsch eingeschätzt, sagte eine Sprecherin.

Im Kern streiten SPD und Union darüber, ob auch minderjährigen Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus (sogenannter subsidiärer Schutz) der Nachzug ihrer Eltern für zwei Jahre verwehrt bleiben soll. In diese Gruppe fielen 2015 insgesamt 105 Kinder, wie das Bundesamt für Migration mitteilte. Im Januar 2016 seien es sechs gewesen. Insgesamt hätten 2015 gut 14.400 unbegleitete Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren einen Erstantrag auf Asyl gestellt.

Im Asylpaket II hatten sich die Koalitionäre nach monatelangem Ringen geeinigt, den Familiennachzug für alle subsidiär Schutzberechtigten zwei Jahre auszusetzen. Nun hieß es im Familienressort, man sei davon ausgegangen, dass die Regeln ohnehin nicht für Minderjährige gälten. Im federführenden Innenministerium hatten Beamte jedoch eine entsprechende Ausnahmeklausel für Minderjährige aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Gestern hieß es, das sei erfolgt, weil Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer keine Zusatzregel zur Ausnahme für Minderjährige bei ihrem Treffen vor zwei Wochen im Kanzleramt verabredet hätten.

Und tatsächlich erhebt die SPD nun trotz harscher Kritik an ihrem Vorsitzenden Gabriel und Schwesigs Ministerium keine Vorwürfe gegen das Innenministerium: De Maizières Ressort habe sauber gearbeitet. Das Familienministerium hingegen räumte ein, dass dem Ressort die entsprechende Formulierung zwar aufgefallen sei, es die Tragweite der Veränderung aber falsch eingeschätzt habe. Schließlich lasse etwa die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen eine Einschränkung des Elternnachzuges gar nicht zu. Das Ministerium hielt jedoch daran fest, eine Ausnahme erwirken zu wollen, das Bundesinnenministerium und die Unionsfraktion halten dagegen.

Auslöser der neuen Auseinandersetzung war eine Äußerung Gabriels, als er sagte, die Einschränkung des Familiennachzugs für Minderjährige sei mit ihm nicht abgesprochen. Die Union verwies prompt darauf, der Gesetzentwurf habe schließlich auch Gabriel vorgelegen, bevor er vom Kabinett verabschiedet wurde.

Gestern machte der SPD-Chef deutlich, dass er auf Einzelfalllösungen setzt. "Ich hoffe, dass wir die Kollegen aus der CDU überzeugen können, dass man nach menschlichem Ermessen entscheiden muss, nach Nächstenliebe und Verantwortungsbewusstsein", sagte Gabriel.

Aus der Union kommt derweil schon die Forderung nach weiterer Verschärfung des Asylrechts. CDU-Vize Thomas Strobl fordert, Asylbewerbern das unbefristete Aufenthaltsrecht frühestens nach fünf Jahren und nur unter klaren Bedingungen zu ermöglichen. "Das Recht, unbefristet in Deutschland zu sein, sollte es nicht zum Nulltarif geben", sagte Strobl der "Welt". Die bestehende Regelung sei ein Integrationshindernis. SPD-Vize Ralf Stegner warnte vor einem "Schäbigkeitswettbewerb" beim Familiennachzug und forderte Ausnahmen für die ohnehin geringe Anzahl betroffener Minderjähriger.

(jd)
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