Madrid Spaniens Parteien stecken in der Sackgasse

Madrid · Wieder scheitert ein Anlauf zur Regierungsbildung. Die linksradikale Partei Podemos spekuliert auf Neuwahlen.

Auch zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl im Dezember hat Spanien noch keine neue Regierung. Sozialistenchef Pedro Sánchez konnte sich auch im zweiten Anlauf nicht als Ministerpräsident durchsetzen, obwohl er diesmal nur mehr Ja- als Nein-Stimmen benötigte. Tatsächlich erhielt der 44-Jährige lediglich 131 von 350 Voten. 219 Abgeordnete stimmten gegen Sánchez. Vor allem die Radikalisierung der linken Partei Podemos hat eine neue Mehrheit im Parlament verhindert. Nun ist völlig offen, wie es weitergeht.

Bereits am Mittwoch hatte sich Sánchez eine Ohrfeige geholt. Er hatte versucht, sowohl die neue liberale Partei Ciudadanos ("Bürger") als auch die linke Podemos ("Wir können") zu überzeugen, ihn zum Ministerpräsidenten zu wählen. Letztlich scheiterte er am Widerstand von Podemos. Denn die Linken zeigen nach den Wahlen ein radikaleres Gesicht als davor. Ihr Generalsekretär Pablo Iglesias fordert für sich das Amt des Vize-Regierungschefs und die Kontrolle über den Geheimdienst oder die Medienpolitik. Sánchez schließt ein reines Linksbündnis ohne Ciudadanos schon deshalb aus, weil er sich damit in die Hände der katalanischen Separatisten begeben würde.

Mit dem Scheitern der Versuche von Sánchez, eine Art rot-rot-gelbe Koalition aus seinen Sozialisten, Podemos und den Liberalen zu schmieden, ist nun König Felipe VI. am Zug. Er könnte den amtierenden Regierungschef Mariano Rajoy doch noch damit beauftragen, sich eine Mehrheit zu suchen. Rajoy hatte den König ursprünglich gebeten, ihn von dieser Pflicht zu befreien. Keine andere Partei will mit ihm etwas zu tun haben; zu sehr sind die Konservativen in Skandale um Korruption und illegale Parteienfinanzierung verstrickt. Ein Koalitionspartner würde in der Öffentlichkeit unweigerlich selbst mit der Korruption in Verbindung gebracht.

Auch wenn es nach den ersten Debatten ganz so aussieht, als würde Spanien auf Neuwahlen zusteuern, sind zunächst weiterhin Verhandlungen zu erwarten. Die spanische Verfassung gibt den Parteien dafür noch knapp acht Wochen Zeit. Eine Einigung wird aber immer unwahrscheinlicher. Podemos hat inzwischen eine ganze Batterie an Resolutionen und Gesetzentwürfen präsentiert, die auf eine kompromisslose linke Linie hindeuten. Pablo Iglesias hat seine Politik mit einer "Erstürmung des Himmels" verglichen, für die Podemos stärker als die Sozialisten werden müsste. Von Neuwahlen verspricht er sich ein besseres Ergebnis.

(RP)
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