Jaffa Soldaten betreiben Israels populärstes Radio

Jaffa · Eine junge Frau mit Sonnenbrille und hellblauer Handtasche schlendert durch die Straßen von Jaffa, dem alten arabischen Viertel von Tel Aviv. Sie trägt eine dunkelgrüne Militäruniform und braune Stiefel. Sie geht zu ihrem Arbeitsplatz, dem größten Rundfunksender Israels - einem Armee-Sender, "Galei Zahal".

Am Eingang geht es vorbei an einem Drehkreuz, dahinter sitzt ein junger Rekrut zurückgelehnt an einem Schreibtisch. An seiner Hüfte baumelt ein Sturmgewehr. Er ist der Pförtner. Die Einheit besteht aus 170 Soldaten und 150 Zivilisten. "Jedes Jahr rekrutieren wir knapp 30 Soldaten und trainieren sie", sagt Yaron Dekel, der Chefredakteur des Senders oder wie er in Israel genannt wird: Oberbefehlshaber. Bei ihm bewerben sich jährlich über 1000 junge Israelis. "Das Auswahlverfahren ist hart. Wir erwarten, dass die Bewerber journalistisches Feuer mitbringen." Über dem Schreibtischstuhl hängt ein großes Bild. Darauf zu sehen ist eine junge Frau, die auf dem Wüstenboden liegend Soldaten an der Front interviewt, während im Hintergrund zwei Panzer vorbeirollen. "Dadurch, dass unsere Journalisten Soldaten sind, können sie bis nach vorne an die Front vorstoßen und somit besser über den Krieg berichten", erklärt der Oberbefehlshaber.

Seit 1950 gibt es den Sender. Die israelischen Soldaten nutzten ihn zunächst dazu, um Grußbotschaften nach Hause zu schicken. Doch nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1974, den Ägypten und Syrien gegen Israel geführt hatten, entstand ein Vollzeitnachrichtensender.

Der Chefredakteur wird vom Verteidigungsminister ernannt. "Ich genieße absolute journalistische Freiheit", sagt er. "Klar, kann der Verteidigungsminister sich über das beschweren, was wir senden. Aber wenn er Unrecht hat, werde ich ihn das wissen lassen." Eine politische Agenda gebe es nicht, betont Dekel: "Wenn der Minister einen kritischen Journalisten nominiert, dann ist das auch gut für seine eigene Reputation. Falls wir einseitig berichten, nehmen uns die Hörer nicht mehr ernst!" Manche Israelis beschwerten sich sogar, dass der Sender gelegentlich zu sehr auf der Seite der Palästinenser sei.

Das bedeutet freilich nicht, dass diese den Sender unbedingt in ihrem Herzen tragen. "Keine Armee im Radio!" steht auf einer Häuserfassade in der Nachbarschaft gesprüht. Ein Protest gegen den Hörfunksender der Besatzungsmacht Israel. "Jaffa ist unser Ort. Es gäbe viele Orte, wo sie hin könnten. Stattdessen könnten wir hier doch einen arabischen Sender haben", sagt eine 19-jährige palästinensische Bewohnerin des Viertels.

In der Nachrichtenredaktion sind fast alle Mitarbeiter Rekruten. Eine Soldatin schreibt die Moderationstexte, und der Nachrichtensprecher korrigiert sie. Eine andere Rekrutin nimmt Anrufe von Hörern an und telefoniert mit den Korrespondenten des Senders. Nur der Nachrichtensprecher ist ein Zivilist. Er ist auch der einzige, der die Regierung auf Sendung kritisieren darf. Für die Wehrdienstleistenden ist das tabu. Luxuriös geht es bei "Galei Zahal" nicht zu. In der Nachrichtenredaktion ist die Decke mit Schimmel übersät, die Abluftschächte drohen herabzufallen. Gefährlicher als jeder mögliche feindliche Eindringling erscheinen offene Starkstromleitungen in den Ecken.

"Galei Zahal" betreibt noch einen weiteren Kanal. "Galgalaz" spielt vor allem Musik und Verkehrsnachrichten. Er ist der meistgehörte Sender Israels. Die Hälfte der Songs ist von hebräischen Musikern. Das ist kein Gesetz, diese Quote hat sich der Sender selbst auferlegt. Ob er denn auch arabische Musik spielt? "Nein, das gehört nicht zum Mainstream", sagt der Oberbefehlshaber.

(RP)
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