Bratislava Slowakischer Premier scheitert mit fremdenfeindlicher Politik

Bratislava · Robert Fico hatte sich als nationaler Retter in der Flüchtlingsdebatte aufgespielt und trieb die Wähler damit in die Arme der Rechten.

Nach dem politischen Erdbeben bei der Parlamentswahl am Wochenende will der slowakische Präsident Andrej Kiska schon heute Regierungschef Robert Fico mit der Bildung der neuen Regierung beauftragen. Das kündigte Kiska gestern nach der Bestätigung des Wahlergebnisses an, das eine Zersplitterung der Parteienlandschaft und den Einzug der rechtsradikalen Volkspartei Unsere Slowakei LSNS in das Parlament brachte. Der Staatschef begann Einzelgespräche mit den Vorsitzenden der Parlamentsparteien. Ausnehmen will er nur den LSNS-Chef Marian Kotleba, den offen bekennenden Neofaschisten, der sich von Anhängern als "Führer" feiern lässt, die Nato eine Verbrecherorganisation und Roma Parasiten nennt. Der knapp 40-jährige Ex-Lehrer saß zuvor wegen rassistischer Hetze bereits mehrmals in Haft, seine erste Partei wurde verboten.

Ficos bisher allein regierende sozialdemokratische Partei Smer war bei der Abstimmung vom Samstag von 44,4 auf 28,3 Prozent abgestürzt, trotzdem stärkste Kraft geblieben. Die LSNS zog mit acht Prozent ins Parlament ein. Dazu kommen sechs weitere Parteien, die zum Teil unberechenbare Neugründungen sind. Eine Regierungsbildung erscheint unter diesen Umständen schwierig.

Robert Fico hatte sich in die Pose des nationalen Retters geworfen und zugleich den Menschen die Angst eingejagt, wer die Slowakei vor einer "Massenzuwanderung von Muslimen schützen" wolle, müsse seine linke Regierungspartei Smer wählen. Doch anders als in Ungarn und Polen ging in der Slowakei das populistische Ausschlachten der Flüchtlingskrise mit nationalistischen Parolen krachend schief. Die Wähler folgten nicht Ficos Richtung, sondern wechselten in das Lager der Rechtsextremisten. Beobachter ziehen vor allem eine Lehre für die etablierten Parteien im übrigen Europa aus den Ergebnissen: Wer aus schierem Populismus Fremdenfeindlichkeit schürt, schwächt sich selbst, aber stärkt die Extremisten.

Fico, dem die Wahlschlappe deutlich anzusehen war, muss um seine dritte Amtszeit bangen. "Es wird nicht leicht, das sage ich ganz deutlich", sagte er, von Journalisten auf kommende Koalitionsverhandlungen angesprochen. Insgesamt acht Parteien werden im neuen Parlament vertreten sein, und dennoch findet Fico keine Partner, die ihm zur Mehrheit verhelfen können. Und eine Koalition aus mindestens fünf Oppositionsparteien ist angesichts ihrer widerstrebenden Interessen eher unwahrscheinlich. Die rechtsextremen Parteien scheiden aus, nicht zuletzt deshalb, weil die Slowakei ab Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Das würde, so Außenminister Miroslav Lajcak gegenüber der Agentur Tasr, "das Land in Europa in ein schiefes Licht rücken". Die neoliberale SaS (Freiheit und Solidarität) des umstrittenen Unternehmers Richard Sulik, mit zwölf Prozent überraschend zweistärkste Partei, hat eine Koalition mit Smer bereits abgelehnt.

(RP)
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