Persönlich Seyran Ates . . . eröffnet eine liberale Moschee

Seyran Ates hat genug. Wenn in Deutschland die Sprache auf den Islam kommt, dann sind es unter den Muslimen meist konservative Kräfte, die die Tonlage bestimmen. Seyran Ates, Rechtsanwältin aus Berlin, hat deshalb einen Beschluss gefasst. "Es ist letztlich verantwortungslos, dass man als fortschrittlicher Muslim auf die konservativen Verbände schimpft, ihnen die religiöse Erziehung der Kinder und Jugendlichen überlässt, statt selbst aktiv zu werden", sagte sie "Spiegel Online". Ates' Antwort: die Ibn- Ruschd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit.

Am Freitag wird die 54 Jahre alte Frauenrechtlerin in den Räumen der evangelischen St.-Johannes-Kirche eine liberale Moscheegemeinde eröffnen. Namensgeber sind der arabische Islamgelehrte, Arzt und Philosoph Ibn Ruschd, auch bekannt als Averroes (1126-1198), und der deutsche Universalgelehrte Johann Wolfgang von Goethe. Frauen und Männer sollen gemeinsam beten und predigen; der Koran wird "historisch-kritisch" ausgelegt. Mit einer Ausnahme stehe die Moschee allen offen: "Mit Nikab oder Burka wird niemand in unsere Moschee kommen", sagt Ates. Es sei ihre Überzeugung, dass die Vollverschleierung nichts mit Religion zu tun hat, sondern ein politisches Statement sei.

Seyran Ates ist im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern aus der Türkei gekommen. Ihr Jurastudium in Berlin finanzierte sie sich in einer Beratungsstelle für Frauen aus der Türkei. Ates erfährt für ihr liberales Religionsverständnis jede Menge Kritik und Drohungen; auch die Eröffnung der Moschee wird unter Polizeischutz stattfinden. Seit 1997 ist Seyran Ates nun als Anwältin tätig und kämpft dabei gegen häusliche Gewalt und Zwangsehen. Unter Innenminister Wolfgang Schäuble war sie Mitglied der Islamkonferenz. Mehrere Bücher hat Ates verfasst, das nächste erscheint pünktlich zur Eröffnung am Freitag. Der Titel: "Selam, Frau Imamin". Seyran Ates absolviert derzeit eine Ausbildung zur Imamin.

(RP)
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