Berlin Schwarz-Grün in prominenter Besetzung

Berlin · Union und Grüne haben die "Pizza-Connection" wiederbelebt. Die politischen Standpunkte bleiben wechselseitig schwer verdaulich.

Berlin: Schwarz-Grün in prominenter Besetzung
Foto: ap, dpa

Ursula von der Leyen hat heute Abend um 20.15 Uhr einen interessanten Termin: Die CDU-Bundesverteidigungsministerin ist zu Gast bei einem Treffen von rund 40 Abgeordneten der Fraktionen von CDU/CSU und Grünen. Zu Bonner Zeiten trugen diese Treffen den Namen "Pizza-Connection", weil sich die Parlamentarier schon in den 90-er Jahren bei ihrem Lieblingsitaliener trafen. Heute ist Nüchternheit eingekehrt: Die schwarz-grüne Runde wird sich in den Räumen des Bundestags treffen und bei einer "Generaldebatte" über Gemeinsames und Trennendes konferieren.

Prominenter Gast von grüner Seite wird die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sein. Eine linke CDU-Frau und eine konservative Grüne - beide evangelisch und mit bürgerlichem Schliff sowie einer Kompassnadel, die auf Gleichberechtigung zeigt, hätten es wahrscheinlich nicht schwer, einen Koalitionsvertrag für eine schwarz-grüne Regierung auszuhandeln. Die beiden sind aber jeweils Solitäre in ihren Parteien.

Die Initiatoren der Treffen - CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour - sind bemüht, die Bedeutung herunterzuspielen. "Wir treffen uns schon seit Jahren regelmäßig, zum Kennenlernen und zum Austausch von Positionen. Wir fangen also nicht wie andere ein paar Monate vor der Wahl an, hektische Signale zu senden, sondern wollen stabiles Vertrauen aufbauen", sagt Spahn mit Seitenhieb auf das erste größere Treffen von SPD, Grünen und Linken, an dem Mitte Oktober rund 90 Abgeordnete teilgenommen hatten. Es handele sich um ein schwarz-grünes "Routinetreffen", man wolle damit keinesfalls in einen Wettbewerb mit Rot-Rot-Grün treten, ergänzt Nouripour.

Der Termin wurde tatsächlich wohl mit Bedacht gewählt: Wenige Tage vor dem Bundesparteitag der Grünen am Wochenende in Münster geht es auch darum, ein frisches schwarz-grünes Signal zu senden - als Gegengewicht zu Rot-Rot-Grün, das zuletzt deutlich salonfähiger geworden war.

Die Grünen betonen zwar stets ihren Kurs der Eigenständigkeit, der sie in beiden Lagern koalitionsfähig halten soll. Doch je näher wichtige Wahlen rücken, desto unverblümter wollen die Linken ihre Partei doch schon jetzt auf Rot-Rot-Grün festlegen. Realos wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann oder Parteichef Cem Özdemir stemmen sich dagegen, wollen einen klaren Linkskurs verhindern. Doch stehen die Chancen, dass es 2017 zu einem schwarz-grünen Bündnis auf Bundesebene kommen könnte, nicht nur wegen des hartnäckigen Widerstands des linken Flügels der Grünen nicht besonders hoch. Nach den aktuellen Umfragen bekäme Schwarz-Grün auch gar keine Mehrheit.

Schwer auf der Bremse steht die CSU bei einem möglichen schwarz-grünen Bündnis. Die Bayern wollen einen Wahlkampf führen, der sich Rot-Rot-Grün zum Feindbild nimmt. Als Koalitionspartner aus dem linken Lager ist der CSU die SPD viel näher als die Grünen. Tatsächlich bestehen die alten kulturellen Unterschiede fort zwischen CSU und Grünen, die mit der CDU längst überwunden sind.

Doch auch in der CDU melden sich zunehmend Zweifler, die Schwarz-Grün in der aktuellen Lage für schwierig halten. Solange die innere Sicherheit im Fokus der Politik steht, sei es mit den Sozialdemokraten leichter, heißt es. Beispielsweise lässt sich kein Unionspolitiker finden, der Verständnis für die Weigerung der Grünen hat, weitere Herkunftsländer von Flüchtlingen ohne Aussicht auf Asyl zu sicheren Herkunftsländern zu erklären.

Auch das von den Grünen geforderte Ende der Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren ist für die CDU eine rote Linie, die sie nicht überschreiten will. Gleiches gilt für die Vermögensteuer, die bei den Grünen heftig umstritten ist. Während der linke Flügel die Vermögensteuer unbedingt durchsetzen will, lehnen Kretschmann und sein Landesverband dies rundweg ab. Özdemir, der um das fatale Signal angekündigter Steuererhöhungsorgien im Wahlkampf weiß und die Grünen mit der Union koalitionsfähig halten will, ist für den Parteitag am Wochenende noch um einen Kompromiss bemüht - der sich bisher aber nicht abzeichnet.

(mar/qua)
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