Persönlich Sahra Wagenknecht . . . irritiert die Linke

Sie ist schon Oppositionsführerin im Bundestag. Doch Sahra Wagenknecht (46) macht nun auch noch Opposition gegen die eigene Parteilinie. Die Linke überrascht mit Rufen zur Flüchtlingspolitik von so prononciertem Inhalt, dass die Rechten begeistert sind. "Sehr schön auf den Punkt gebracht", findet AfD-Vize Alexander Gauland, was Wagenknecht als Reaktion auf die Silvester-Ereignisse von Köln formulierte: "Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein Gastrecht eben auch verwirkt."

Bei Sätzen wie diesen konnten sich die Linken bislang kopfschüttelnd darauf verlassen, dass sie vom politischen Gegner stammen, und umgehend der kaltherzigen Ablehnung ihre warmherzige Humanität und Solidarität mit Minderheiten entgegenhalten. Nun kommt das Gegenteil nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern von der eigenen Chefin. "Das Asylrecht ist kein Gastrecht, sondern ein Menschenrecht", gab Linken-Parteichef Bernd Riexinger zu Protokoll. Doch Wagenknecht legte nach: Es sei eine "völlig normale Auffassung", dass man von Menschen, denen man Schutz gewähre, auch erwarten könne, dass sie die Regeln respektierten.

Besorgt zeigte sich Wagenknechts Vorgänger Gregor Gysi über das AfD-Lob für die Linken-Fraktionschefin. "Das darf uns nicht passieren", betonte er. Auffällig ist, dass die Ehe Wagenknechts mit Ex-Linken-Chef Oskar Lafontaine offenbar auch zu einer thematischen Symbiose beigetragen hat. Im November hatte er sich mit dem Hinweis zu Wort gemeldet, es sei menschlicher, die Zahl der Flüchtlinge "durch feste Kontingente in Europa zu begrenzen". Linken-Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte erklärte umgehend, dass diese Position "in der Linken nicht geteilt" würde. Doch inzwischen erklärte auch Lafontaines Frau, dass es natürlich Kapazitätsgrenzen gebe. Möglicherweise ist Wagenknecht damit nah an den Linken-Anhängern, die sich in besonders hohem Maße in Konkurrenz zu Flüchtlingen sehen.

Gregor Mayntz

(RP)
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