Düsseldorf Richter wird in Nordrhein-Westfalen zum Mangelberuf

Düsseldorf · Die Justizvertreter führen das Fehlen auf unattraktive Einstellungsbedingungen zurück. Gesucht werden vor allem männliche Bewerber.

Der Justiz in NRW droht wegen des Mangels an jungen Richtern und Staatsanwälten ein Qualitätsverlust zulasten der Rechtsuchenden. In zwei von drei Oberlandesgerichtsbezirken ist die Lage nach Auskunft des Deutschen Richterbundes "katastrophal" (Hamm) bis "wenig erfreulich" (Düsseldorf). Der Vizevorsitzende des Richterbundes NRW, Jochen Hartmann, sagte unserer Zeitung, im OLG-Bezirk Düsseldorf lebe man hinsichtlich geeigneter Bewerber von der Hand in den Mund. Im NRW-Justizministerium sprach man von "Jammern auf hohem Niveau". Die Schere zwischen dem Bedarf (4918) und dem Bestand (4723) von Richtern sei zwischen 2008 und 2012 weiter geschlossen worden.

Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, hatte beim Richter- und Staatsanwalttag in der vergangenen Woche in Weimar berichtet, dass im größten deutschen OLG-Bezirk Hamm gegenwärtig rund 50 Stellen mangels interessierter Bewerber unbesetzt blieben: "Man findet sie nicht zu den gegenwärtigen Bedingungen", sagte Frank.

Die Justizvertreter führen das Fehlen auf unattraktive Einstellungsbedingungen in NRW zurück. Hartmann sprach von einer "Vergrundschulung" der Justiz, weil man immer weniger männliche Bewerber mit der Befähigung zum Richteramt finde. Sie gingen lieber in die Wirtschaft oder zu Anwaltskanzleien. Franks Stellvertreter Jens Gnisa ergänzte: "Wir freuen uns über die Bewerbungen qualifizierter Frauen, doch müssen wir auch wieder für Männer attraktiver werden, um langfristig eine ausgewogene Besetzung der Richterämter zu gewährleisten." Bei den Bewerbungen in Hamm sind mittlerweile 80 Prozent der Kandidaten weiblich. Frauen nehmen die schlechtere Bezahlung im Justizdienst eher in Kauf, weil sie sich im öffentlichen Dienst eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie versprechen.

Ein 27 Jahre alter, lediger Richter oder Staatsanwalt erhält in NRW monatlich 3653 Euro, in Hamburg sind es 3944 Euro, in Bayern 3821 Euro brutto. In einzelnen Verfahrensbereichen macht sich der Personalmangel stark bemerkbar. Es hakt bei Nachlassangelegenheiten wie Erbschein-Ausstellungen oder in Verfahren vor den Landgerichten. Zum Nachteil von Rechtsuchenden verzögern sich oft Entscheidungen bei Miet-Streitigkeiten sowie Klagen – etwa von Handwerkern gegen säumige Beklagte.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kritisierte in Weimar die je nach Bundesland unterschiedliche Besoldung als Folge der Föderalismusreform von 2006. Für eine neue Reform bräuchte Maas das Ja des Bundesrates. Aus NRW hieß es, dazu werde es nicht kommen.

(RP)
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