Madrid Rajoy stellt Katalanen Ultimatum

Madrid · Spaniens Ministerpräsident will die Regionalregierung entmachten, wenn sie bis Montag nicht beidreht.

Im Konflikt um die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien hat der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy den Druck auf die Separatisten erhöht. Er forderte die Regionalregierung gestern offiziell auf, die verfassungsmäßige Ordnung zu respektieren. Diese Mahnung gilt als Vorstufe für die Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung, wonach die Zentralregierung eine Regionalregierung entmachten kann, wenn diese die Verfassung missachtet. Damit würde Madrid Neuland betreten.

Rajoy forderte den katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont auf, er solle genau erklären, ob er mit seinen unverständlichen Aussagen vor dem Regionalparlament die einseitige Unabhängigkeit ausgerufen habe oder nicht. "Von der Antwort des Chefs der Regionalregierung wird abhängen, welche Entscheidungen die Regierung (in Madrid) treffen wird", warnte Rajoy. Er wolle den Bürgern des Landes "Klarheit und Sicherheit" verschaffen. Regierungschef Puigdemont habe die Chance, "zur Legalität zurückzukehren", und habe jetzt "die Zukunft Kataloniens" in den Händen, so der spanische Regierungschef. Wenn Puigdemont der Aufforderung nicht nachkommt, wäre vorgesehen, dass Rajoy den Senat einschaltet, in dem seine konservative Volkspartei PP über eine absolute Mehrheit verfügt. Dazu gibt Madrid den Katalanen laut Medienberichten bis kommenden Montag Zeit.

Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden können, ist allerdings ebenso wenig festgelegt wie ein genauer Zeitrahmen. Madrid könnte aber den katalanischen Behörden "Anweisungen" geben. Theoretisch wäre auch ein militärisches Eingreifen möglich, was aber als unwahrscheinlich gilt. Der Artikel 155 ist in Spanien bisher noch nie angewendet worden.

Puigdemont hatte am Dienstagabend vor dem Regionalparlament in Barcelona die Ausrufung der Unabhängigkeit von Spanien angekündigt. Als Grundlage nannte er das umstrittene Referendum vom 1. Oktober, bei dem mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Trennung gestimmt hatten - bei einer geringen Wahlbeteiligung. Allerdings legte Puigdemont den Abspaltungsprozess "für einige Wochen" auf Eis, um einen Dialog mit der Zentralregierung zu ermöglichen. Spanien rätselte zunächst, welchen Plan der 54-Jährige mit seinen Aussagen verfolgt. Beobachter glauben, dass Puigdemont damit vor allem Zeit gewinnen will.

(dpa)
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