Erzbistum Die Rückkehr eines Seelsorgers nach Köln

Köln · Erzbischof Rainer Maria Woelki gilt als konservativ. Doch in Berlin konnte der weltweit jüngste Kardinal eine gute Figur machen.

 Rainer Maria Woelki ist als Sohn ostpreußischer Heimatvertriebener im Rheinland und in Köln verwurzelt.

Rainer Maria Woelki ist als Sohn ostpreußischer Heimatvertriebener im Rheinland und in Köln verwurzelt.

Foto: dpa, sts pzi wst

Der künftige Erzbischof von Köln war richtig in Berlin angekommen. So erschien es jedenfalls allen, die ihn besuchten, ihm begegneten und mit ihm sprachen. Woelki, der gebürtige Kölner, residiert nicht in einem millionenschweren Neubau. Er ist in den Arbeiterstadtteil Wedding gezogen, in eine Wohnung im fünften Stock. Das Haus ist hellhörig und nicht allzu charmant. Dort also lebt der Berliner Erzbischof, der vor zwei Jahren zum Kardinal ernannt wurde und damit der weltweit jüngste in diesem Kollegium war.

Eine steile Kirchenkarriere hat er genommen, die mit Macht und Machtanspruch zu tun hat: Vom Diakon in Düsseldorf, vom Kaplan in Neuss und Militärpfarrer in Münster gelangte er schon 1990 als sogenannter Geheimsekretär von Joachim Kardinal Meisner ins Zentrum kirchenpolitischer Entscheidungen. Meisner hielt große Stücke auf Woelki und spendete ihm 2003 die Bischofsweihe. Woelki ist vom damaligen Erzbischof zweifelsohne gefördert worden, als eine Art Ziehsohn von Meisner aber hat er sich nie gesehen. Spätestens mit seiner damals überraschenden Ernennung zum Erzbischof begann seine Emanzipierung. Und Woelki hat sich im deutschen Episkopat schnell Gehör verschafft. Nicht lautstark, aber vernehmlich.

Die vielleicht größte Überraschung war, dass der Konservative mit der eher ruppigen Gangart der Berliner umgehen konnte. Kein Podium hat er gescheut, auf dem er beispielsweise mit Vertretern von Schwulen- und Lesbenverbänden diskutierte. Und dabei hat sich der Würdenträger nie verbogen; aber seine offene Gesprächshaltung konnte am Ende die meisten überzeugen.

Das war keineswegs zu erwarten. Denn Woelki kann bei seinen Auftritten mitunter streng schauen, seine Gesichtszüge sind scharfkantig und scheinen zu unterstreichen, dass man es mit einem zwar jungen, aber doch freudlosen und erzkonservativen Würdenträger zu tun hat. Das Gerücht um seine angebliche Mitgliedschaft in der auch in Köln wirksamen Organisation von Opus Dei ist er nie richtig losgeworden.

Trotz allem: Rainer Maria Woelki hat in Berlin bislang eine gute Figur gemacht, in diesem kleinen Bistum mit seinen nicht einmal 390 000 Christen. Jeder fünfte Katholik des Erzbistums hat einen Migrationshintergrund. Der Glaube ist in Berlin keine relevante Größe, aber es ist die Hauptstadt, und die bietet stets eine Bühne. Bei der Wahl des neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz ist Woelki zuletzt dennoch auffallend zurückhaltend geblieben und hat bereits im Vorfeld vermeldet, keine großen Ambitionen auch noch auf dieses Amt zu haben. Woelki — mit Sicherheit ein aussichtsreicher Kandidat — ließ damals Marx den Vortritt.

So sehr der Erzbischof in Berlin angekommen ist, ein Kölner ist der bekennende FC-Anhänger mit orthodoxen Zügen immer geblieben. Er erzählt gern, dass er die Kneipe der "Ständigen Vertretung" schätzt, weil es dort gezapftes Kölsch gibt, viele rheinische Gerichte und sogar eine Figur des Geißbocks.

Der Sohn ostpreußischer Heimatvertriebener ist im Rheinland und in Köln verwurzelt. Als Abschiedsgeschenk aus Köln bekam er für Berlin einen neuen Bischofsstab, auf dem am Übergang vom Holz zur Krümme die Heiligen Drei Könige zu sehen sind. Das seien Suchende, die nach dem schauen, was ihr Leben ausmacht. "Diese drei stehen stellvertretend für einen jeden von uns", hat Woelki bei seiner Berliner Amtseinführung dann gepredigt.

Vielleicht hat erst Berlin Woelki zum Kölner Erzbischof werden lassen. Weil er dort zeigen konnte, dass das einfache Leben ein Grundpfeiler der Seelsorge sein muss. Woelki ist mit dem Fahrrad oft zur Suppenküche der Franziskaner gefahren; und er hat dort seine Weihnachtsfeste mit den Obdachlosen gefeiert.

Der Glaube, so hat er einmal gesagt, werde am Bahnhof Zoo, in der Schuldnerberatung oder der Ambulanz für Wohnungslose "ganz konkret und wieder ganz neu erlebbar". Und so gehört zu seinen wichtigen Erfahrungen auch der Besuch in einen Slum von Rio. Eine Riesengemeinde sei das gewesen, mit nur einem Pfarrer.

Und gefeiert wurde der Gottesdienst in einer Hütte. Armseliger hätte auch der Stall zu Bethlehem nicht sein können. Aber "mit welcher Intensität und Aufmerksamkeit die Menschen dort die Eucharistie gefeiert haben, das gibt es bei uns nicht so oft".

Und nun Köln. Eine Rückkehr in die Heimat, in der das Suchen doch kein Ende finden wird.

(csi)
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