Wien Präsidentschaftswahl mit Nebeneffekt

Wien · Im April wählt Österreich ein neues Staatsoberhaupt. Das Ergebnis entscheidet über die Regierung 2018.

Oft als Frühstücksdirektor oder Ersatzkaiser verspottet, ist der Posten des österreichischen Bundespräsidenten diesmal begehrter denn je. Anders als in Deutschland oder der Schweiz, wird das Staatsoberhaupt in Österreich direkt vom Volk gewählt. Die Wahl am 24. April gilt schon jetzt als die spannendste seit Langem einen Sieger wird es erst nach einer Stichwahl geben.

Indes geht es diesmal weniger um das Amt als solches als vielmehr um die Frage, welche Partei welchen Kandidaten ins Rennen schickt. Der Nachfolger des Sozialdemokraten Heinz Fischer, der Mitte des Jahres nach zwei sechsjährigen Amtsperioden abtreten muss, könnte erstmals seit 1945 nicht aus den beiden traditionellen Regierungsparteien kommen. Die Kandidaten von SPÖ (Sozialdemokraten) und ÖVP (Konservative) haben es mit ernsthaften Mitbewerbern zu tun.

Entsprechend nervös bis kopflos agieren die Traditionsparteien, besonders die ÖVP, deren Nominierungsritual zu einer peinlichen Lachnummer geriet. Der neue Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gab zu, er habe seit Weihnachten gewusst, dass sein Wunschkandidat Erwin Pröll, ein politisches Urgestein der Konservativen, nicht antreten würde. Nur hat Mitterlehner das seiner Partei verschwiegen, weshalb selbst höchste Parteigranden wochenlang in den Medien devote Loblieder über Prölls Qualifikation sangen.

Daher präsentierte die ÖVP ein anderes Urgestein: den ultrakonservativen Andreas Khol, Ex-Präsident des Parlaments und amtierender Vorsitzender des ÖVP-Seniorenbundes. Der 74-jährige Tiroler, ein anerkannter Verfassungsjurist, wäre von Anfang an die bessere Wahl gewesen, muss nun aber nach der Absage des eigentlichen Wunschkandidaten Erwin Pröll mit dem Stigma des Ersatzkandidaten antreten. Gleichwohl wäre Khol ein Präsident, der künftige Regierungsbildungen maßgeblich beeinflussen könnte. Er teilt weitgehend die Asyl- und Flüchtlingspolitik der FPÖ, vor allem aber war er Chefstratege von Kanzler Wolfgang Schüssel bei der Bildung der skandalumwitterten schwarz-blauen Koalition (2000 bis 2006) mit dem damaligen FPÖ-Volkstribun Jörg Haider. Khol hätte demnach, anders als die meisten seiner Mitbewerber, weniger Skrupel, den umstrittenen Rechtspopulisten und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegebenenfalls als Kanzler zu vereidigen und einer Neuauflage von Schwarz-Blau den Weg zu ebnen.

Das wäre Strache ganz lieb: "Ich wäre sicherlich ein guter Bundespräsident, aber sicher ein besserer Bundeskanzler", sagte der FPÖ-Chef am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Die Wahl zum 26. Nationalrat (Parlamentswahl) in Österreich muss spätestens im Herbst 2018 erfolgen.

(RP)
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