Persönlich Peter Steudtner . . . erhält einen Friedenspreis

Die vergangenen fünf Monate enthielten für den Dokumentarfilmer Peter Steudtner die wohl schlimmsten wie auch glücklichsten Momente seines bisherigen Lebens. Im Juli wurde der zweifache Vater bei einem Seminar auf der türkischen Insel Büyükada mit neun anderen Menschenrechtsaktivisten festgenommen. Erst nach drei Monaten Untersuchungshaft beschloss das türkische Gericht, das ihm die Unterstützung bewaffneter Terroristen vorwirft, seine Entlassung - kurz vor dem vierten Geburtstag seiner Tochter. Der Prozess dauert an, in Deutschland aber ist er als unschuldig Festgehaltener beinahe ein Held. Die 1995 gegründete Quäker-Hilfe Stiftung hat ihm gestern jedenfalls ihren Friedenspreis verliehen.

Der 1971 geborene Berliner berichtete, dass ihm in seiner Haft nichts so gefehlt habe wie seine Familie, die Natur und künstlerische Inspiration. Auf 4,8 mal 7,2 Metern habe er, statt am 24. September am Berlin-Marathon teilzunehmen, die halbe Distanz gelaufen - und davon geträumt, mit seinen Lieben wieder vereint zu sein.

Dass er einen Monat später freigelassen würde, ahnte Steudtner nicht. Seine Untersuchungshaft war nach seiner zwölfstündigen Anhörung im Juli auf unbestimmte Zeit angesetzt. Briefe drangen in der Haft nicht zu ihm durch, seine Familie habe er nur alle zwei Wochen anrufen dürfen. So erfuhr er auch erst spät von der Welle der Solidarität in der Welt, von den Bemühungen deutscher Politiker, ihn und andere in der Türkei inhaftierte Aktivisten und Journalisten freizubekommen.

Die Quäker-Stiftung ehrt Steudtner indes vor allem dafür, was er außerhalb der Gitter vollbrachte: Seit Jahren setze er sich gegen Gewalt ein, eigenen Angaben zufolge schrieb er schon zu Schulzeiten Briefe an politische Gefangene. "Das muss sich irgendwie gut anfühlen, nicht vergessen zu sein", habe er sich damals gedacht. "Seit diesen 113 Tagen weiß ich: Das stimmt."

Oliver Burwig

(RP)
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