Gesellschaftskunde Perfektionismus ist keine Stärke

Viele Menschen urteilen wie Richter über sich selbst – und kennen wenig Gnade.

Viele Menschen urteilen wie Richter über sich selbst — und kennen wenig Gnade.

Es gibt Menschen, die geben in Vorstellungsgesprächen als vermeintliche Schwäche Perfektionismus an. Oder Ungeduld. Sie halten das für verkappte Qualitäten.

Wer immer perfekt sein und seine Aufgaben schneller als alle anderen erledigen will, strengt sich übermäßig an und dient damit dem Wohl des Unternehmens, lautet die vermeintliche Botschaft an potenzielle Vorgesetzte.

Doch Perfektionismus ist keine Stärke. Denn er verleitet dazu, die eigenen Kräfte falsch einzuteilen. Wer immer toll sein will, unterscheidet nicht zwischen Zielen, für die jede Anstrengung lohnt und solchen, bei denen absoluter Einsatz nur Vergeudung wäre.

Es immer richtig machen zu wollen, erscheint als der sicherste Weg, das Beste aus sich rauszuholen. Indes führt er oft in Überforderungsgefühle und Erschöpfung.

Das liegt auch daran, dass Perfektionisten dazu neigen, sich selbst zu streng zu begegnen. Ihr Maßstab ist ja die Bestleistung auf allen Gebieten. Weil das niemand erfüllen kann, fühlen sich Perfektionisten insgeheim oft als Versager. Und denken in Kategorien von Schuld und Rechtfertigung. Sie fühlen sich wie Richter, die das eigene Fehlverhalten feststellen und Schuldige benennen müssen. Und in den inneren Verhandlungen, die sie mit sich selbst abhalten, sind die Schuldigen oft sie selbst.

Dabei kann man Fehler auch als Hinweise verstehen, dass man etwas noch nicht verstanden oder falsch angefasst hat. Als nützliche Fingerzeige also, die das Leben lenken.

Das heißt nicht, dass man alle Fehler schönreden sollte. Fehler sind ärgerlich und möglichst zu vermeiden. Aber wenn sie geschehen, wenn man selbst Fehler macht, sollte man sich nach den Ursachen fragen, statt mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Dinge geschehen, die Frage der Schuld führt schnell zu Entschuldigungen - und die stehen wahren Verbesserungen nur im Wege.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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