Wien Österreich will generelles Rauchverbot kippen

Wien · Der Vorschlag der künftigen Regierung um Shootingstar Sebastian Kurz entfacht einen Proteststurm.

So hatte es sich das neue künftige Regierungsduo wohl nicht vorgestellt, das vollmundig mehr direkte Demokratie verspricht, die in der österreichischen Variante nur ein anderes Wort für Populismus wäre. Jetzt könnte Sebastian Kurz, dem designierten Bundeskanzler und Chef der konservativen ÖVP, und Heinz-Christian Strache, dem künftigen Vizekanzler und Anführer der rechten FPÖ, gleich die erste Volksabstimmung auf den Kopf fallen, sollte sie stattfinden.

Am vergangenen Montag hatten beide Partner bei den Koalitionsverhandlungen vereinbart, das 2015 beschlossene Gesetz über ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Lokalen wieder zu kippen. Als Übergangsregel bis Mai 2018 war das Rauchen nur noch in abgetrennten Bereichen oder nach dem Willen des Wirts in Gaststätten mit weniger als 50 Quadratmetern erlaubt.

Jetzt wird es im Mai stark aufgeweicht respektive in der bisherigen Übergangslösung verlängert. Demnach blieben Raucherzonen in Lokalen weiterhin erlaubt, alibihalber werden für Jugendliche unter 18 Jahren die Schutzbestimmungen verschärft, die jedoch nur schwer zu kontrollieren sein werden. Österreich wäre damit in der EU so ziemlich das letzte Raucherparadies.

Ein Sturm der Entrüstung aus breiten Teilen der Bevölkerung, von Ärzten und politischen Gegnern war die Folge. In nur drei Tagen haben mehr als 260.000 Österreicher eine Online-Petition der Österreichischen Krebshilfe für das Nichtraucherschutzgesetz unterzeichnet. Das sind mehr als vier Prozent der Stimmberechtigten. Damit wäre die Voraussetzung für eine verbindlich geltende Volksabstimmung bereits erfüllt, wie sie Straches FPÖ fordert. Die Koalitionspartner sind sich darüber noch nicht einig, die ÖVP setzt die Grenze bei zehn Prozent. Kurz und Strache könnten letztlich als Verfechter der direkten Demokratie aber kaum gegen ein Volksbegehren sein.

Die FPÖ hat das Rauchverbot in der Gastronomie als einzige Partei Österreichs von Anfang an bekämpft. Umfragen bestätigen, dass die Mehrheit ihrer Wähler, überwiegend Männer, strikt dagegen ist. Strache ist in dieser Hinsicht ihr umstrittenes Vorbild: Der 48-Jährige "tschikt" (wienerisch für rauchen) selbst gern, während Kurz leidenschaftlicher Nichtraucher ist.

Am Montag soll die ÖVP-FPÖ-Regierung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen vereidigt werden.

(RP)
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