Wien/Prag Österreich feiert den legendären Heerführer der Habsburger

Wien/Prag · Der 250. Geburtstag von Feldmarschall Radetzky wird üppig begangen. In Prag wollen Bewunderer das historische Denkmal zurück.

Den Radetzkymarsch kennen alle, er zählt zu den heimlichen Hymnen Österreichs. Alljährlich krönt der rhythmische und zugleich melodiöse Marsch das Finale des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker, das in alle Welt übertragen wird. Bekannt ist auch der Roman "Radetzkymarsch" von Joseph Roth, dem literarischen Chronisten Österreich-Ungarns; der Titel ist eine bitter-ironische Metapher für den Untergang der Donaumonarchie.

Aber wer kennt schon so genau den Feldherrn Radetzky? Jan Josef Václav hrabì Radecky z Radèe, zu deutsch: Johann Wenzel Graf Radetzky von Radetz, geboren am 2. November 1766 auf Schloss Trebnitz in Mittelböhmen, galt als einer der genialsten Heerführer der Habsburger im 19. Jahrhundert. Er reformierte die Soldatenausbildung in der k.u.k. Armee und war obendrein ein moderner Stratege. So entwarf Radetzky 1813 den siegreichen Plan für die Völkerschlacht bei Leipzig gegen die Truppen Napoleons. Legendär aber machten den Generalkommandanten des Königreichs Lombardo-Venetien die Schlachten in Italien, vor allem die Niederschlagung der nationalistischen Revolution 1848-49 gegen die österreichische Vorherrschaft. Am Ende seiner 72-jährigen Militärkarriere hatte der hochdekorierte Feldmarschall fünf Kaisern gedient und 17 Feldschlachten geschlagen. Am 5. Januar 1858 starb Radetzky im Alter von 91 Jahren in Mailand.

Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem "Heldenberg" nordwestlich von Wien, wo ein Gönner Radetzkys ein Pantheon für Feldherren errichten ließ, heute eine Art Pilgerstätte für Monarchisten und Militaristen. Über Radetzkys Gruft ragt ein meterhoher Obelisk in den Himmel, vor dem alljährlich zu seinem Geburtstag historische Abordnungen aus allen Teilen der ehemaligen Monarchie aufmarschieren. Pensionierte und aktive Soldaten des österreichischen Bundesheeres pflegen sein Erbe. Mehrere Vereine halten die Erinnerung an Radetzky wach. "Er ist und bleibt für Österreich ein militärisches Vorbild", sagt Harry Tomek, Großmeister des Radetzky-Ordens.

In diesem Jahr finden zahlreiche Gedenkfeiern anlässlich des 250. Geburtstags statt, und Österreicher und Tschechen streiten sich wie eh und je darum, ob der Feldmarschall Österreicher oder Tscheche war. "Radetzky war Österreicher, denn Böhmen, wo er geboren ist, gehörte zu Österreich-Ungarn", ist Tomek überzeugt. "Er war Tscheche", hält Jan Bárta, Obmann des Prager Radetzky-Vereins, dagegen, und führt dessen Herkunft aus altböhmischem Adel an.

Bártas Verein bemüht sich seit Jahren, eine Kopie des Radetzky-Denkmals an seinem historischen Platz in der Prager Altstadt zu errichten. Das Original war nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie abgeräumt und im Prager Lapidarium aufgestellt worden, dem Museum aller bedeutenden Denkmäler und Steinskulpturen der tschechischen Geschichte. Dort soll der bronzene Radetzky, in Nürnberg aus erbeuteten italienischen Kanonen gegossen, auch weiterhin bleiben. "Es ist ein Kunstwerk", schwärmt Bárta; acht Soldaten, die verschiedene Völker der Monarchie repräsentieren, tragen Radetzky auf einem Schild. Ihm gegenüber steht, gleichfalls in Bronze, sein einstiger Herrscher, Kaiser Franz Joseph I.

Doch zur Wiedererrichtung des Radetzky-Denkmals konnte sich die Stadtregierung bislang nicht durchringen. Nicht nur die Finanzierung ist eine hohe Hürde - Radetzky ist in Tschechien heute noch ein Politikum. Nationalisten und Veteranenverbände aus kommunistischer Zeit, beide in ihrem ungebrochenen Hass gegen die Habsburger vereint, sind strikt dagegen. Hingegen wenden die wenigen, aber engagierten Befürworter wie Bárta ein: "Radetzky ist eine große Persönlichkeit der tschechischen Geschichte, es wäre ein Fehler, diesen Abschnitt zu verschweigen."

(RP)
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