Wien Kern schließt Koalition mit FPÖ nicht aus

Wien · In seiner ersten Rede als neuer Kanzler Österreichs hat Christian Kern (SPÖ) direkt ein kleines Feuerwerk losgelassen. Er schließe eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ nicht aus, sagte Kern kurz nach seiner Amtseinführung in Wien. Den Anwesenden klappten wohl kurz die Kinnladen herunter, hatte doch Kerns Vorgänger, Werner Feymann, eine Zusammenarbeit mit der FPÖ stets abgelehnt. Für eine Koalition müssten aber gewisse Grundsätze gelten, "die auch immer vor einem Machterhalt stehen müssen". "Wir arbeiten nicht mit Parteien zusammen, die gegen Minderheiten hetzen", nannte Kern eine Bedingung. Klar sei für den Sozialdemokraten aber, dass es bei der Frage nach einer möglichen FPÖ-Koalition neue Antworten brauche.

Österreich: Christian Kern schließt Koalition mit FPÖ nicht aus
Foto: ap, RZ

Der ehemalige Bahnchef kritisierte zudem die "negative Stimmung, die das Land lähmt". Die Arbeitslosenrate sei inakzeptabel hoch (neun Prozent), die Wirtschaft habe das Vertrauen in den Standort Österreich verloren, Arbeitnehmer würden unter Einkommensverlusten leiden, Abstiegsängste grassierten mittlerweile auch im Mittelstand. Kern sprach von einer "letzten Chance" für die rot-schwarze Koalition: "Wenn wir das nicht kapieren, verschwinden die Großparteien von der Bildfläche, und wahrscheinlich zu Recht."

Ein "neuer Deal", so Kern, soll nun die "Stimmung drehen". Er wolle das Land bis spätestens 2025 wieder "zum Vorzeigestaat in Europa" machen. Die Schwerpunkte, die er nannte, sind indes altbekannt: Belebung der Wirtschaft durch Entbürokratisierung und Kostensenkung, Beschäftigungsinitiativen gegen Arbeitslosigkeit und ein effizienteres Bildungssystem. In der Ära Faymann gab es dafür allenfalls Reformansätze.

Auch die Neubesetzung der SPÖ-Regierungsmannschaft ist mit Bedacht gewählt und hat selbst professionelle Beobachter überrascht. Ein starkes integrationspolitisches Signal setzte Kern mit der Ernennung von Muna Duzdar zur Staatssekretärin im Kanzleramt. Die 37-jährige Juristin, Tochter palästinensischer Einwanderer und in Wien geboren, ist die erste Muslima in einer österreichischen Regierung.

(gru/jaco)
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