Düsseldorf Nur noch halb so viele Flüchtlinge erreichen NRW

Düsseldorf · Die restriktivere Grenzpolitik der EU entlastet die NRW-Kommunen. Aber die Behörden richten sich darauf ein, dass mehr Flüchtlinge als gedacht für immer in NRW bleiben werden.

Seit März nimmt NRW im Schnitt nur noch halb so viele Flüchtlinge wie im Vorjahreszeitraum auf. Die meisten Flüchtlinge kommen weiterhin aus Syrien (16 Prozent), gefolgt vom Irak (7,4 Prozent) und Afghanistan (sieben Prozent). Flüchtlinge aus Nordafrika, die als besonders problematisch gelten, kommen so gut wie gar nicht mehr nach NRW. Das geht aus einem noch unveröffentlichten Bericht von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) für den Landtag hervor, der unserer Redaktion vorliegt.

Offenbar führen die Schließung der Balkanroute, das EU-Abkommen mit der Türkei und der erhöhte Druck auf Schleuser in NRW zu einer deutlichen Entlastung. Insgesamt wies der Bund NRW im ersten Halbjahr 2016 zwar rund 15 Prozent mehr Flüchtlinge zu als im ersten Halbjahr 2015. Aber die Gesamtzahl täuscht. Nach den Monaten Januar (plus 179 Prozent) und Februar (plus 90 Prozent) drehte sich der Trend. Im März kam ein Drittel weniger Flüchtlinge nach NRW als im März 2015, im April ging die Zahl um 53 Prozent zurück, im Mai um 56 Prozent und in der ersten Hälfte des aktuellen Monats um 64 Prozent. Insgesamt wies der Bund NRW im ersten Halbjahr 48.188 Asylsuchende zu. Weitere 17.000 Flüchtlinge kamen am Verteilungssystem des Bundes vorbei direkt nach NRW, wurden aber in der Regel an andere Bundesländer weitergeleitet.

"Die Handlungsspielräume nutzt das Land zur Entlastung der Kommunen", verspricht Jäger in seinem Bericht. Flüchtlinge würden derzeit nur noch "solchen Kommunen zugewiesen, die ihre Erfüllungsq uote deutlich untererfüllt hatten". Ein Teil der NRW-Kommunen blieb im vergangenen Jahr deutlich unter den vorgesehenen Aufnahmequoten. Die Landesregierung braucht auch weniger Turnhallen für die Erstaufnahme: Waren es im Dezember noch 73, sind es jetzt nur noch 15. "Davon werden bis Ende Juni acht aufgegeben", so Jäger.

Der Bericht belegt indirekt auch, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die dramatischen Engpässe bei der Bearbeitung von Asylanträgen allmählich in den Griff bekommt. Obwohl im Mai nur noch 7860 Flüchtlinge nach NRW kamen, hat die Behörde in diesem Monat in NRW 14.251 Asylanträge entgegengenommen - 175,3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Der zügige Ablauf des Antragsverfahrens ist wichtig für die Identifikation der Flüchtlinge und die Einschätzung, wie viele davon mutmaßlich dauerhaft in NRW bleiben. Was offenbar folgende Zwischenbilanz zulässt: "Die Entwicklung der letzten Monate zeigt deutlich, dass viele der zu uns fliehenden Menschen nicht nur vorübergehend, sondern für eine lange Zeit, wenn nicht sogar für immer hier bleiben werden", heißt es im Anhang zu dem Bericht.

(RP)
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