Düsseldorf NRW schont abgelehnte Asylbewerber

Düsseldorf · Drei Viertel der ausreisepflichtigen Flüchtlinge dürfen trotzdem weiter im Land leben.

Von den Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, werden trotzdem drei Viertel im Land geduldet. Das geht aus neuen Daten des Ausländerzentralregisters hervor, die unserer Redaktion vorliegen: Ende August wurden bundesweit 158.190 Flüchtlinge geduldet, wovon 29 Prozent (45.436) in NRW leben. NRW duldet so viele Flüchtlinge wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zusammen.

Die Gründe sind unterschiedlich. Gesundheitliche und soziale Aspekte spielen oft eine Rolle. Sowohl NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) als auch andere Mitglieder der Landesregierung betonen aber regelmäßig die nordafrikanische Herkunft als Grund, warum abgelehnte Asylbewerber aus NRW nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden können: Marokko, Algerien und Tunesien sperren sich oft gegen die Rücknahme.

Doch der Blick in die amtlichen Daten belegt, dass diese Begründung nur für einen kleinen Teil der in NRW geduldeten Flüchtlinge gelten kann. Die Gruppe der Ausreisepflichtigen aus den sogenannten Maghreb-Staaten macht nur fünf Prozent aller Ausreisepflichtigen und Geduldeten aus. Die meisten in NRW Geduldeten kommen aus sicheren Herkunftsländern wie Serbien (7417), Albanien (4551), Kosovo (4341), Mazedonien (4293) und Bosnien-Herzegowina (1822). Bei diesen Balkan-Herkunftsländern liegt die Duldungsquote - mit Ausnahme des Kosovo - sogar noch über dem Landesdurchschnnitt von 77 Prozent. Insgesamt machen die Staaten des Westbalkans mit mehr als 22.000 Duldungen fast die Hälfte aller Duldungsfälle in NRW aus.

Die großzügige Duldung spiegelt sich auch in der weniger restriktiven Abschiebepraxis. Obwohl in Nordrhein-Westfalen rund 28 Prozent aller bundesweiten Ausreisepflichten entstehen, werden hier nur 18 Prozent aller bundesweiten Abschiebungen durchgeführt.

Jäger bestreitet, dass NRW überproportional viele Flüchtlinge duldet. Er hält dem Vorwurf einen Erfolg an anderer Stelle gegenüber: "Wir setzen vor allem auf die freiwillige Ausreise. Gegenüber dem Vorjahr werden wir die Zahl der freiwilligen Ausreisen um über 200 Prozent steigern", erklärte er.

Der CDU-Fraktionsvize im Landtag, André Kuper, sagte: "Die neuesten Zahlen belegen, dass Rot-Grün immer noch nicht die Notwendigkeit einer konsequenten Rückführungspolitik verstanden hat." Das bedrohe die Akzeptanz des Asylrechts in Deutschland. Die schleppende Abschiebung in Nordrhein-Westfalen sei "ein hausgemachtes Defizit", mit dem das Land die Kommunen im Stich lasse.

(tor)
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