Brüssel Noch ist die EU-Hilfe in Griechenland nicht angekommen

Brüssel · Alle Flüchtlinge, die auf den griechischen Inseln ankommen, sollen nach einem Asyl-Schnellverfahren zurück in die Türkei.

Abschrecken lassen sich die Flüchtlinge noch nicht: Auch gestern landeten Augenzeugen zufolge innerhalb einer Stunde allein drei aus der Türkei kommende Boote auf der griechischen Ägäis-Insel Lesbos. Wie Nachrichtenagenturen berichteten, war den Migranten das erst am Freitag geschlossene Abkommen der EU dabei durchaus bekannt. Es sieht vor, dass die Regierung in Ankara im Gegenzug für diverse politische Zusagen quasi alle Flüchtlinge wieder bei sich aufnimmt, die irregulär nach Griechenland kommen. Die Vereinbarung ist bereits am Sonntag in Kraft getreten.

Dass ihre Umsetzung schwierig werden würde, muss den EU-Gipfelteilnehmern klar gewesen sein. Schließlich wurde Griechenland in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2013 "systematische Mängel" im Asylsystem bescheinigt. Genau das soll nun präzise wie ein Schweizer Uhrwerk funktionieren: Alle Neuankömmlinge müssen registriert und zu ihren Asylgründen befragt werden; nach einer Entscheidung das Recht auf Berufung erhalten und so lange untergebracht werden, bis die Behörden sie in die Türkei zurückschicken. 4000 zusätzliche Beamte und Fachleute, davon 2500 aus den anderen EU-Staaten, sowie "riesige operationelle Anstrengungen aller Beteiligten" werden der Brüsseler Kommission zufolge benötigt, um den Gipfelbeschluss in Griechenland umzusetzen. Die Liste der angeforderten Experten ist lang: Für die Asylverfahren veranschlagt die Behörde 200 griechische Fallbearbeiter sowie weitere 400 von den EU-Partnern, dazu noch einmal 400 Dolmetscher. Die Berufungsverfahren sollen in zehn Komitees organisiert werden, für die es 30 griechische und 30 asylerfahrene Richter aus anderen Mitgliedstaaten sowie weitere 30 Übersetzer braucht. Für die Abschiebungen sollen 50 Verwaltungsexperten sowie 1500 europäische Polizisten nach Griechenland entsandt werden und für die Grenzagentur Frontex arbeiten.

Am nötigen Material mangelt es nicht weniger. Nun sollen acht Frontex-Schiffe, ausgelegt für 300 bis 400 Personen, Flüchtlinge in die Türkei zurückbringen. 28 Busse sind angefragt, um sie zum Hafen zu bringen - aus den 20.000 Kurzzeitunterkunftplätzen, von denen erst 6000 existieren. Nicht zuletzt fehlen noch 190 Container, in denen die EU-Asylexperten auf den griechischen Inseln tätig werden.

(RP)
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