Berlin/Ankara Neue Hoffnung auf Freilassung Deniz Yücels

Berlin/Ankara · Der seit April inhaftierte Pilger David Britsch durfte nach Schwerin zurückkehren. Inzwischen kamen drei Deutsche auf freien Fuß.

Nach der zweiten Freilassung eines deutschen Staatsbürgers aus türkischer Haft innerhalb einer Woche sind die Erwartungen gestiegen, dass auch der prominenteste Gefangene Deniz Yücel einem Ende seiner Inhaftierung entgegensehen kann. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sprach nach der Rückkehr des deutschen Pilgers David Britsch in seine Schweriner Heimat von einem "weiteren positiven Signal". Demonstrativ sprach die Bundesregierung von der Hoffnung, Schritt für Schritt wieder Vertrauen in den deutsch-türkischen Beziehungen aufbauen zu können. Derzeit dürfen noch 25 Deutsche die Türkei nicht verlassen, darunter sechs aus offensichtlich politischen Gründen.

Britsch ging auf die vermuteten Motive hinter der langen Inhaftierung ohne rechtsstaatliches Verfahren ein und sagte, er sei wohl "eine Art Geisel" gewesen. Verschiedentlich waren die Forderungen der Türkei nach Überstellung von türkischen Staatsbürgern, die in Deutschland Asyl beantragt hatten, als Hinweis gedeutet worden, die Deutschen als Druckmittel für einen "Austausch" festzuhalten. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan habe immer gesagt, dass er "da ein Gegengewicht schaffen" wolle, meinte Britsch.

Im Fall Britsch liegt das auf der Hand. Er habe sich weder in Deutschland noch in der Türkei etwas zuschulden kommen lassen, unterstrich der Mann, der im November vergangenen Jahres zu einer Pilgerreise aufgebrochen war. Sie sollte ihn zu Fuß bis nach Israel führen. Doch im April wurde er in Antakya an der türkisch-syrischen Grenze festgenommen und ins Abschiebegefängnis in Askale im Nordosten des Landes gebracht. Auch nach türkischem Recht darf eine Abschiebehaft eigentlich nur sechs Monate dauern. Doch nachdem ihm lange rechtlicher Beistand verweigert worden sei, habe er nach acht Monaten immer noch nicht erfahren, was ihm eigentlich zur Last gelegt worden sei.

Am Montag war bereits die deutsche Übersetzerin Mesale Tolu nach über sieben Monaten aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden - allerdings mit der Auflage, sich wöchentlich zu melden und das Land nicht zu verlassen. Im Oktober hatte die Türkei den Menschenrechtler Peter Steudtner gehen lassen.

Unions-Außenexperte Jürgen Hardt begrüßte es, dass die Deutschen noch vor Weihnachten aus der Haft entlassen worden seien. Allerdings harre der Fall Deniz Yücel weiter einer Lösung. "Nach wie vor herrscht in der Türkei unter dem Ausnahmezustand ein Rechtsstaat nach Gutsherrenart", kritisierte der CDU-Politiker. Das wichtigste Signal läge in einer Freilassung des deutschen Türkei-Korrespondenten Yücel. Nach der jüngsten Bewegung verdichten sich Erwartungen, dass dies Anfang nächsten Jahres geschehen könnte.

(may-)
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