Kairo Nahost-Konflikt: Israel und Ägypten nähern sich an

Kairo · Erstmals seit neun Jahren hat ein ägyptischer Außenminister Israel besucht. Sameh Schukri kommt mit Ambitionen und einer wichtigen Forderung: Die Friedensgespräche mit den Palästinensern müssen wieder aufgenommen werden.

Als historisch bezeichnete das israelische Webportal "Israel heute" den Besuch aus Ägypten am Sonntag. Auch israelische Zeitungen bejubelten den Schritt des ägyptischen Außenministers, Sameh Schukri, nach Jerusalem zu reisen. Seit fast zehn Jahren hat der Judenstaat keinen derart hochrangigen Politiker aus Kairo mehr gesehen. Sehr zum Bedauern Israels. Denn seit dem Friedensschluss beider Länder im März 1979 genießt Ägypten hohes Ansehen bei den Israelis. War es doch Anwar al Sadat, der damals wagte, was jahrelang undenkbar schien: Der Ägypter reiste nach Jerusalem und warb in der Knesset, dem israelischen Parlament, für seinen Plan zur Aussöhnung. Nur Jordanien folgte dem mutigen Schritt al Sadats 1994. Alle anderen arabischen Länder sind de facto noch immer im Krieg mit Israel.

Ob Ägyptens Staatschef Abdul Fattah al Sisi auf dem Pfad seines Vorgängers Sadat wandelt, wenn er von einem Frieden spricht, den er stiften will, ist noch nicht erkennbar. Jedenfalls will er die Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen Palästinensern und Israelis, die seit über zwei Jahren auf Eis liegen. Angeregt durch die Nahost-Konferenz Anfang Juni in Paris, hat al Sisi die Position des Westens nach einer Zwei-Staaten-Lösung für sich angenommen. Er wolle die Friedensinitiative der Franzosen umsetzen helfen, verlautet es in Kairo. Dafür schickt er zunächst mal seinen Außenminister ins Rennen. Vor zwei Wochen war Schukri bereits zu Besuch bei der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah. "Israel und die Palästinenser leiden seit Jahrzehnten unter ihrem Konflikt", sagte er dort. "Die Vision einer Zwei-Staaten-Lösung ist nicht unrealistisch." Israel lehnt die französische Friedensinitiative ab. Heute befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Nahost-Konflikt.

Seit über 40 Jahren wird versucht, eine Lösung für die "Mutter aller Konflikte" zu finden. Für eine Befriedung der Region führt kein Weg an diesem Urkonflikt vorbei. Darin sind sich die direkten Akteure so einig wie die internationale Gemeinschaft. Ob der ägyptische Präsident imstande ist, als ehrlicher Vermittler in der Sache aufzutreten und tatsächlich etwas zu bewegen, wird sich zeigen. Vorgänger al Sadat musste für seinen Schritt mit dem Leben bezahlen. Zwei Jahre nach dem Friedensschluss mit Israel wurde er von einem fanatischen, muslimischen Extremisten ermordet.

Nachfolger Husni Mubarak etablierte einen "Kalten Frieden", reiste selbst nie nach Israel, kooperierte notgedrungen. Unter dem Druck der westlichen Staaten, allen voran den USA, gelang es dem ehemaligen Langzeitherrscher immer wieder, Waffenruhen und Abkommen zwischen den Palästinensern und den Israelis zu schmieden. Da sie nie von langer Dauer waren, galten die Ägypter in der Endphase des Mubarak-Regimes zunehmend als unlautere Verhandlungsführer. Aber für den Westen galt Mubarak lange als Helfer zwischen den Fronten. Dafür kassierte er Milliarden-Hilfen aus Amerika und Europa. Auch al Sisis Wirtschaft geht es schlecht. Ohne Finanzspritzen wird sie nicht überleben. Die Friedensinitiative des Pharao am Nil dürfte also dazu beitragen, dass künftig wieder reichlich Dollars und Euro an den Nil fließen.

(RP)
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