Nach Stuttgarter Urteil Nun drohen Diesel-Fahrverbote

Berlin/Düsseldorf · Geplante Nachrüstungen reichen laut Stuttgarter Verwaltungsgericht nicht zur Luftreinhaltung aus - ein Urteil mit Signalwirkung. Damit steigt der Druck auf die Industrie und den Verkehrsminister.

 Auspuffrohre eines Diesel-Pkw (Symbolbild).

Auspuffrohre eines Diesel-Pkw (Symbolbild).

Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Nach einem Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts drohen Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge in vielen deutschen Städten. Das Gericht gab gestern einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt. Der Luftreinhalteplan der Landesregierung von Baden-Württemberg reiche nicht aus, um die Luft in Stuttgart schnellstmöglich zu verbessern, erklärte der Richter. Dazu sei das Land aber verpflichtet. Der Gesundheitsschutz sei höher zu bewerten als die Interessen der Diesel-Fahrer. Der Plan müsse nachgebessert werden.

Das Stuttgarter Urteil hat Signalwirkung für alle Städte, in denen die zulässigen EU-Grenzwerte für gefährliche Stickoxide überschritten werden. Sie entstehen vor allem durch Dieselautos. Die Umwelthilfe fordert daher ein generelles Fahrverbot für alle Diesel. Das konnte sie nicht durchsetzen. Doch sprach sich das Gericht für die Einführung der "Blauen Plakette" in Städten aus. Auch sie liefe für einen Teil der Autos auf ein Einfahrverbot hinaus.

Industrie und Politik stehen nun unter großem Druck, sehr bald befriedigende Lösungen zu finden. Auf einem Autogipfel am Mittwoch bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wollen sie ein Maßnahmenbündel beschließen. Dobrindt setzt dabei auf Nachrüstungen der Motoren auf Kosten der Industrie. Allerdings hat diese bisher nur Software-Updates angeboten, deren Wirkung unzureichend sein dürfte. Grüne und SPD fordern daher die teurere, echte Umrüstung von Teilen des Motors.

Das Gericht habe kein Fahrverbot vorgeschrieben, sondern die Überarbeitung des Luftreinhalteplans für Stuttgart, stellte Dobrindt klar. Er verwies zudem auf die mögliche Revision. NRW hat mit Einverständnis der DUH das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angerufen, um zu klären, ob Kommunen Fahrverbote für Diesel nach geltender Rechtslage überhaupt verhängen dürfen. Ein Urteil wird erst 2018 erwartet. Nach Ansicht des Stuttgarter Richters ist ein Fahrverbot ab 1. Januar 2018 rechtlich möglich.

Auch die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW lehnt Fahrverbote ab und setzt auf Nachrüstungen. "Zu einem Maßnahmenbündel gehört ganz wesentlich auch die Umrüstung des öffentlichen Personennahverkehrs", sagte Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Die Kölner Bezirksregierung erklärte, bis zur Klärung vor dem Bundesverwaltungsgericht würden keine Fahrverbote verhängt. "Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart wird massive Konsequenzen für viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben", warnte Verbraucherschützer-Chef Klaus Müller. Seien Nachrüstungen technisch nicht möglich und überprüfbar, "müssen die Hersteller den Umtausch dreckiger gegen saubere Fahrzeuge anbieten".

Dobrindt hatte zuvor ein Zulassungsverbot für den Porsche Cayenne 3.0 TDI wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet. "Als Fahrzeughersteller übernimmt Porsche die volle Verantwortung gegenüber den Kunden - auch wenn Porsche selbst keine Diesel-Motoren entwickelt und produziert", sagte dazu Porsche-Chef Oliver Blume. Laut Medienberichten haben Audi-Techniker schon 2013 vor dem Auffliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen gewarnt. Bei Audi sollen in Kürze vier von sieben Vorständen ihre Posten räumen.

(heif / mar / frin)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort