Oberverwaltungsgericht in Münster Islamverbände scheitern mit Forderung nach Religionsunterricht

Münster · Der Zentralrat der Muslime und der Islamrat sind nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster keine Religionsgemeinschaften. Als solche wollten die Verbände Islamunterricht in NRW nach ihren Vorstellungen durchsetzen.

 Zwei Vertreterinnen vom Zentralrat der Muslime am Donnerstag in Münster vor Gericht.

Zwei Vertreterinnen vom Zentralrat der Muslime am Donnerstag in Münster vor Gericht.

Foto: dpa, gki gfh

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am Donnerstag die Klage zweier Islamverbände auf Einführung islamischen Religionsunterrichts an nordrhein-westfälischen Schulen abgewiesen. Der Zentralrat der Muslime und der Islamrat erfüllten nicht alle vier Kriterien einer Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes, sagte Bernd Kampmann, Vorsitzender Richter des 19. Senats. Aus den Satzungen der beiden Dachverbände lasse sich nicht die notwendige Sachautorität und -kompetenz für identitätsstiftende religiöse Aufgaben ableiten. Zudem müsse die religiöse Autorität der Dachverbände bis hinunter zu den Moscheegemeinden Geltung haben.

Auch in anderer Hinsicht ein Rückschritt

Der islamische Religionsunterricht in NRW kann damit nach dem bisherigen "Beiratsmodell" in jedem Fall bis zum Sommer 2019 weitergeführt werden. Der achtköpfige Beirat vertritt bisher die Interessen der Verbände, was den Religionsunterricht angeht. Das Land muss die Verbände nun künftig auch nicht als alleinige Ansprechpartner beim islamischen Religionsunterricht akzeptieren. Für die Organisationen bedeutet das Urteil aber auch in anderer Hinsicht einen Rückschlag: Die Anerkennung als Religionsgemeinschaft hätte ihnen zu mehr gesamtgesellschaftlicher Akzeptanz verholfen und womöglich den Zugang zu anderen Gremien demokratischer Teilhabe wie etwa den Rundfunkräten erleichtert.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) begrüßte das Urteil: "Ich bin froh und hoffe, dass die rechtlichen Auseinandersetzungen nunmehr einen Abschluss gefunden haben." Die Landesregierung sei entschlossen, weiterhin islamischen Religionsunterricht anzubieten. Das Beiratsmodell müsse nun weiterentwickelt werden. Das Ziel bleibe ein flächendeckender, einheitlicher islamischer Religionsunterricht in NRW, der unter staatlicher Aufsicht von in Deutschland ausgebildeten Lehrern in deutscher Sprache durchgeführt werde. NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) hob hervor: "Das Urteil ist auch im Sinne der Verbände, da sie ihre Anstrengungen für eine Struktur, um als deutsche Islamverbände anerkannt zu werden, nun verstärken müssen."

Wissenstradition des Islam

Der Vorsitzende Richter führte zur Begründung aus, die Verbände seien in ihrer Struktur äußerst heterogen, es gebe sehr unterschiedliche Auffassungen über religiöse Fragen. Auch sei fraglich, ob die Lehrautorität der Dachverbände bis in die Moscheegemeinden hinein umgesetzt werden könne.

Die Islamverbände hatten zuvor eingewandt, es entspreche der Wissenstradition des Islam, dass es immer auch Abweichungen von der herrschenden Lehrmeinung gebe. Das Gericht lege hier viel strengere Maßstäbe an als etwa bei der katholischen Kirche. Die beiden Verbände, zu denen auch die vom Verfassungsschutz beobachtete Milli Görus zählt, hatten ihre Klage schon 1998 eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den Fall an das OVG zurückverwiesen.

Der Islamrat äußerte sich enttäuscht. Das OVG hätte die Verbände als Religionsgemeinschaften anerkennen sollen, so der Vorsitzende Burhan Kesici, unter anderem weil sie bundesweit aktiv seien und die religiöse Praxis auf vielen Ebenen bestimmten. Damit bleibe eine Chance ungenutzt, den Islam in Deutschland zu beheimaten. Es werde zu prüfen sein, ob die Verbände gegen das Urteil Rechtsmittel einlegten oder ob etwa die Landesverbände neue Klagen einreichten. Eine Revision gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht hatte das OVG nicht zugelassen, es kann aber Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.

(RP)
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