Athen Mitsotakis fordert Tsipras heraus

Athen · Die griechische Opposition hat einen neuen Vorsitzenden gewählt.

Er hat sich viel vorgenommen, der neue Vorsitzende der konservativen griechischen Nea Dimokratia (ND): "Vereinen und erneuern" will er seine Partei. Das wird ein schwieriger Spagat. Bei der Urwahl am Sonntag bekam Kyriakos Mitsotakis 52,4 Prozent der Stimmen. 47,6 Prozent entfielen auf seinen Vorgänger Evangelos Meimarakis. Das zeigt: Die Partei ist gespalten. Denn die Kandidaten stehen für zwei politische Lager: Meimarakis repräsentiert den konservativen Flügel. Mitsotakis dagegen ist ein Mann der liberalen Mitte. Für Ende Februar kündigt Mitsotakis nun einen Sonderparteitag an. Das wird seine erste Bewährungsprobe.

Der 47-Jährige ist der zweitjüngste Vorsitzende in der Geschichte der Partei. Zugleich kommt er aber aus der ältesten Polit-Dynastie Griechenlands. Sein Vater war von 1990 bis 1993 Ministerpräsident, seine Schwester amtierte als Kultur- und Außenministerin. In den Augen vieler Griechen gehört er zu jener politischen Klasse, die das Land vor die Wand gefahren hat. Er selbst betont: "Ich bin zunächst Kyriakos und danach erst Mitsotakis" - will sagen: Er möchte nach dem beurteilt werden, was er selbst geleistet hat. Das ist nicht wenig: Studium an den US-Eliteuniversitäten Stanford und Harvard, eine Karriere, die von der Chase Manhattan Bank über McKinsey zur National Bank of Greece führte. Der dreifache Vater spricht fließend Deutsch, Englisch und Französisch.

Mitsotakis tritt aber nicht nur gegen Tsipras an, sondern auch gegen die politische Frustration im Land. Die Krise hat das Vertrauen der Menschen in die Politik tief erschüttert. Erfolg wird er nur haben, wenn es ihm gelingt, den Teufelskreis der politischen Apathie zu durchbrechen. Noch Sonntagabend griff Alexis Tsipras zum Telefon und gratulierte dem neuen Oppositionschef. Der Premier bekommt in Mitsotakis einen gefährlichen Gegner. Dass Tsipras die Wahl Ende September trotz gebrochener Versprechen, Sparauflagen und Kapitalkontrollen klar gewinnen konnte, war nicht zuletzt der Schwäche der Opposition geschuldet. Bisher dominiert Tsipras die politische Bühne unangefochten. Das könnte sich ändern.

(RP)
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