Harare Militär putscht gegen Diktator Mugabe

Harare · Nach fast vier Jahrzehnten an der Macht hat das Militär Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe kaltgestellt. Die Soldaten rissen die Macht an sich. Westliche Botschaften warnen ihre Staatsbürger.

In Simbabwe ist der Kampf um die Nachfolge von Langzeitpräsident Robert Mugabe eskaliert: Das Militär hat in einem Putsch die Macht an sich gerissen, der 93-jährige Staatschef wurde unter Hausarrest gesetzt. Dennoch sagte Generalmajor Sibusiso Moyo gestern im Fernsehen, es handle sich nur um eine "zeitweise Machtübernahme", nicht um einen Putsch. Es gehe darum, eine sich verschlimmernde politische, soziale und wirtschaftliche Krise zu überwinden, und darum, Verbrecher in Mugabes Umfeld zur Strecke zu bringen. "Sobald wir unsere Mission erfüllt haben, erwarten wir eine Rückkehr zur Normalität", versprach der Generalmajor.

Der Amtssitz des Präsidenten und das Parlament in der Hauptstadt Harare waren am Morgen von Soldaten abgeriegelt worden, sie kontrollierten auch wichtige Verkehrsadern. Bereits seit Dienstag gab es eine verstärkte Militärpräsenz in der Hauptstadt. Soldaten nahmen Augenzeugen zufolge Finanzminister Ignatius Chombo fest. Zunächst unbestätigten Berichten zufolge sollen auch weitere Minister festgenommen worden sein.

Mugabe selbst wurde vom Militär unter Hausarrest gesetzt, wie Südafrikas Präsident Jacob Zuma nach einem Telefonat mit ihm erklärte. Der Präsident sei wohlauf. Der Nachbarstaat Südafrika appellierte an alle Beteiligten, sich für eine friedliche Beilegung der Krise einzusetzen. Zur Vermittlung schickte Südafrika seine Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula nach Simbabwe. Dort wandten sich frühere Unterstützer bereits vom Präsidenten ab. Die einflussreiche Vereinigung der Kriegsveteranen etwa forderte Mugabes Rücktritt von Partei- und Staatsführung. Zudem soll es eine Untersuchung der Straftaten geben, die der Staatschef während seiner Amtszeiten begangen habe, forderte Generalsekretär Victor Matemadanda bei einer Pressekonferenz in Harare. Matemadanda ist ein Verbündeter des kürzlich entlassenen Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa.

Im Zentrum von Harare war gestern eine starke Militärpräsenz sichtbar, es blieb jedoch zunächst friedlich. In der Nacht zu gestern hatte es Augenzeugen zufolge mindestens drei laute Explosionen gegeben, auch Schüsse sollen gefallen sein. Die Streitkräfte forderten alle Sicherheitskräfte auf, im Interesse des Landes mit den Soldaten zu kooperieren. Die Botschaften der USA und Großbritanniens ermahnten ihre Staatsbürger in Simbabwe wegen der unklaren Situation zu großer Vorsicht und forderten sie auf, zu Hause zu bleiben. Die Botschaften der USA und der Niederlande sollten gestern geschlossen bleiben.

Die politische Krise in Simbabwe um die Nachfolge des seit 1980 regierenden Mugabe spitzt sich schon seit vergangener Woche zu, nachdem Mugabe seinen langjährigen Vizepräsidenten und möglichen Nachfolger Mnangagwa gefeuert hatte. Das Militär stand bislang immer stramm hinter Mugabe, doch es war auch Mnangagwa verbunden, der als Verbündeter von Militärchef General Constantino Chiwenga gilt. Die beiden kämpften mit Mugabe zusammen gegen das weiße Minderheitsregime im damaligen Rhodesien. Sie gelten als entschlossene Widersacher von First Lady Grace Mugabe (52), die ihrem Mann im höchsten Staatsamt nachzufolgen hofft. Der festgenommene Finanzminister hingegen gilt als prominenter Unterstützer von Grace Mugabe.

Armeechef Chiwenga hatte der Regierung dann am Montag öffentlich damit gedroht, dass die Armee angesichts der Krise im Land bereit sei "einzuschreiten". Die Regierungspartei Zanu-PF sprach daraufhin am Dienstag von Verrat und Anstachelung zur gewaltsamen Auflehnung gegen die verfassungsrechtliche Ordnung.

Mugabe, 93 Jahre alt, wird beim Gehen inzwischen häufig gestützt, bei öffentlichen Auftritten wurde er zuletzt immer wieder schlafend fotografiert. Er hatte trotzdem bereits angekündigt, sich 2018 um eine weitere Amtszeit zu bewerben. Als Diktator hat er die frühere Kornkammer des südlichen Afrikas heruntergewirtschaftet. Das Land hat sich nie von der schweren Wirtschaftskrise erholt, infolge derer es 2008 zu einer Hyperinflation und zum Zerfall der Landeswährung kam. Mugabes Verdienste sind unbestritten. Doch er wurde immer machthungriger und verlor den Blick für die Probleme der Menschen. Aus dem reichen Staat südlichen Afrikas wurde ein verarmtes, hungriges Land.

(dpa)
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