Persönlich Michael Kretschmer . . . regiert jetzt in Sachsen

Am 24. September war Michael Kretschmer ein Verlierer. Der 42-Jährige flog bei der Bundestagswahl nach 15 Jahren aus dem Parlament und war obendrein in seinem Wahlkreis Görlitz von einem bis dahin völlig unbekannten AfD-Mann geschlagen worden. Nichts deutete darauf hin, dass der gelernte Informationselektroniker knapp drei Monate später ein Gewinner, nämlich sächsischer Ministerpräsident sein würde. Noch Anfang Oktober stand er als Landesgeneralsekretär während eines Bundeskongresses der Jungen Union in Dresden neben sich. Er hielt zwar eine Mut machende Rede, hatte aber selbst ganz schön an Mut verloren. Doch dann entschied sich Stanislaw Tillich überraschend, eigene Konsequenzen aus dem Wahldebakel für die Sachsen-CDU zu ziehen und das Amt des Ministerpräsidenten an den 16 Jahre jüngeren Kretschmer abzugeben. Gestern wurde der im sächsischen Landtag mit 69 von 122 möglichen Stimmen gewählt. Damit verweigerten ihm mindestens acht Mitglieder der schwarz-roten Koalition, die im Parlament über 77 Mandate verfügt, die Gefolgschaft. "Ich bin vielleicht noch kein Landesvater", hatte er unserer Redaktion im November gesagt und angekündigt, er werde "jetzt hart arbeiten". Das steht dem ledigen Vater zweier fünf und sieben Jahre alter Söhne definitiv bevor, wenn er die harte Konkurrenz rechts der CDU mit AfD, NPD und in Teilen Pegida wieder auf Distanz bringen will. Dabei versucht er, die Partei Angela Merkels als derzeit jüngster Ministerpräsident unter den CDU-Amtskollegen irgendwie in der Mitte zu verorten, ohne die rechte Flanke der Union zu öffnen. Dafür wird Kretschmer zum einen noch einmal die Gründe für die Wahlschlappe aufarbeiten müssen, die er nach eigenen Worten überhaupt nicht hat kommen sehen. Zum anderen muss er Vertrauen aufbauen, in seiner Partei und im Land. Das braucht Zeit.

Kristina Dunz

(RP)
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