Merkels Klartext für London

Klartext an die Londoner Adresse war nötig, Angela Merkel hat ihn geliefert: Wer aus der EU austreten möchte, kann das gerne tun, aber dann darf er nicht davon ausgehen, sich der Pflichten entledigen zu können, die Privilegien der EU-Mitgliedschaft aber zu behalten. In London gibt es allen Ernstes derartige Überzeugungen, etwa beim möglichen neuen Premier Boris Johnson.

Merkel machte auch unmissverständlich klar, dass die EU zu "Vorverhandlungen" über ein späteres Austrittsersuchen nicht bereit ist. Auch diesen Plan gibt es in London - offenbar mit dem perfiden Hintergedanken, zuhause ein Verhandlungsergebnis präsentieren zu können, dass dann vielleicht gut genug wäre, um doch nicht aus der EU austreten zu müssen. Auf dieses Spiel will sich die EU zu Recht nicht einlassen: London würde sofort EU-kritische Nachahmer finden, die ebenfalls auf Sonderkonditionen pochen. Die EU würde das nicht überleben.

Wer Mitglied im Club ist, muss daraus besondere Vorteile ziehen. Alles andere würde die EU ad absurdum führen. Damit sie bestehen bleibt, muss die EU attraktiver, transparenter und demokratischer werden. Ihre Erneuerung ist dringend nötig. Eine Vision, einen Plan dafür lässt Merkel noch vermissen.

(mar)
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