Analyse Merkel muss jetzt in die Offensive gehen

Berlin · Die Berlin-Wahl hat der CDU erneut eine empfindliche Niederlage beschert. Die Bürger in Berlin wendeten sich von der rot-schwarzen Koalition auch deshalb ab, weil sie schlecht regiert wurden. Dennoch klebt dieses Ergebnis an der Kanzlerin.

Das Berliner Wahlergebnis ist für Kanzlerin Merkel erneut eine herbe Niederlage. Die CDU ist um rund fünf Prozent abgestürzt, ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Damit setzt sich auch in der Bundeshauptstadt der Abwärtstrend für die Union fort. Nun kann man das Ergebnis von Berlin, wo die Verwaltung versagt und Rot-Schwarz die Probleme der Stadt nicht lösen konnte, nicht allein der Kanzlerin zuschieben. Auch die Sozialdemokraten, die in ähnlichem Umfang wie die CDU verloren haben, wurden für ihr unglückliches Agieren in Berlin zu Recht abgestraft.

Trotz dieses Befunds wird Merkel wie in Mecklenburg-Vorpommern einen Teil des Ergebnisses auf ihre Kappe nehmen müssen. Der Bundestrend einer schwachen CDU und einer starken AfD zeigt sich auch in der Hauptstadt.

Unangenehm ist dieses Ergebnis für Merkel zudem, weil die SPD trotz Verlusten an der Macht bleiben kann. Mehr noch: Die Zeichen in Berlin stehen auf Rot-Rot-Grün. Die Sozialdemokraten brauchen die Union nicht zum Regieren. Vielmehr werden sie mit der nächsten Koalitionsbildung voraussichtlich beweisen, dass sie jenseits der Union machtpolitisch noch handlungsfähig sind. Wenn es nach SPD-Chef Sigmar Gabriel geht, werden Sozialdemokraten auch bei der Bundespräsidentenwahl dieses rot-rot-grüne Signal mit einem gemeinsamen Kandidaten aus dem linken Lager setzen.

Merkel steht nach der letzten Landtagswahl in diesem Jahr erheblich unter Druck. Bevor das Superwahljahr 2017 beginnt, muss sie in den nächsten Wochen dringend in die Offensive gehen. Sie muss für den Fahrplan zu ihrer nächsten Kanzlerkandidatur endlich das Heft des Handels in die Hand nehmen. Bislang lässt sie in der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen, als könne CSU-Chef Horst Seehofer ihr den Rhythmus vorgeben.

Sie darf auch nicht einen rot-rot-grünen Pakt für die Wahl des Bundespräsidenten laufen lassen. Sie muss sich nun dringend in die Kandidatenfindung einklinken. Während SPD, Grüne und Linke schon gemeinsam Kandidaten durchspielen, wartete die Union die Landtagswahlen ab. Es wird höchste Zeit, dass die Union als das Lager mit den meisten Stimmen in der Bundesversammlung den Anspruch erhebt, Präsidentenmacher zu sein.

Die Kanzlerin muss die Zeit bis Weihnachten zudem dazu nutzen, ihren eigenen Laden zu ordnen. Aus der Tatsache, dass die Union in den Ländern überall dort in dem Ausmaß verloren hat, wo sie die AfD zu kopieren versuchte, sollte man lernen.

(qua)
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