Berlin Merkel bietet ihren Kritikern die Stirn

Berlin · Die Kanzlerin nutzt die Generaldebatte in der Haushaltswoche, um die Kritik von SPD und CSU zurückzuweisen.

Es ist auch als das Mallorca-Prinzip bekannt: Handtuch auf die Liege legen, dann ist der Platz besetzt. Die Bundeskanzlerin stellt ihre große cremefarbene Handtasche auf ihren Sitz, als sie in den Bundestag kommt. Selbstverständlich würde es niemand wagen, diesen Platz einzunehmen. Aber an einem Tag, an dem die Medien gefüllt sind mit Berichten über eine Kanzlerin in der Dämmerung ihrer Amtszeit, erscheint die Tasche als Absicherung für den eigenen Platz symbolisch.

Die Generaldebatte zum Haushalt ist traditionell die Stunde der Opposition. So muss sich Merkel gedulden, bevor sie ihren rhetorischen Versuch starten kann, wieder in die Offensive zu kommen. Zuerst darf Oppositionsführer Dietmar Bartsch von der Linkspartei sprechen. Er bemerkt süffisant, dass alle in diesem Haus die große Koalition beenden wollten. "Diese Koalition ist eine Koalition des Chaos - jeder gegen jeden", stellt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fest.

Die Kanzlerin widmet weite Teile ihrer Rede der Flüchtlingspolitik, verzichtet an diesem Tag aber auf ihre "Wir schaffen das"-Rhetorik. Vielmehr geht sie indirekt auf ihre Kritiker ein. "Die Situation heute ist um ein Vielfaches besser als vor einem Jahr", sagt sie und zählt auf, was die Regierung an Gesetzen, Finanzmitteln und Integrationsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat. "Wir haben die Ordnung und Steuerung der Flüchtlingsbewegung in Deutschland erreicht", sagt die Kanzlerin, die auch erneut das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei verteidigt. SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel erwähnt sie nicht namentlich. Mit ihren Worten aber weist sie seine Kritik zurück, sie habe ihrem Satz "Wir schaffen das" keine Taten folgen lassen.

Für diesen Satz, an dem sich immer wieder die Kritik an Merkel kristallisiert, findet sie eine neue Formulierung: "Deutschland wird Deutschland bleiben - mit allem, was uns lieb und teuer ist", sagt sie. Von dieser Rede soll die beruhigende Botschaft ausgehen: Ihr müsst nicht AfD wählen. Die Regierung hat die Lage im Griff.

Ungewöhnlich ist auch, dass die Kanzlerin im Bundestag auf die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und die noch kommende in Berlin eingeht. Sie warnt davor, sich vom rechtspopulistischen Tonfall der AfD anstecken zu lassen - ein Hieb in Richtung CSU-Chef Horst Seehofer. "Und wenn wir anfangen, dabei mitzumachen, dass Fakten beiseitegewischt oder ignoriert werden können, dann sind verantwortbare und konstruktive Antworten in der Sache nicht mehr möglich", sagt sie.

In Mecklenburg-Vorpommern war die CDU als drittstärkste Kraft hinter SPD und AfD gelandet. CSU und Teile der CDU forderten daraufhin erneut einen Kurswechsel der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage. Aus der CSU kam wieder der Ruf nach einer Obergrenze.

Auch Merkel hatte am Montag nach der Wahl noch vom chinesischen Hangzhou aus, wo sie am G 20-Gipfel teilnahm, eine Mitverantwortung für das Wahlergebnis übernommen. Die Berliner wählen am 18. September das Abgeordnetenhaus. Auch bei dieser Wahl ist eine Schlappe für die CDU zu erwarten. 2011 hatte die CDU dort knapp 24 Prozent. Die Umfrage-Institute sehen die Christdemokraten nun bei rund 18 Prozent.

(qua)
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